Unter der Marsoberfläche liegt ein riesiger See verborgen
Geringe Spuren flüssigen Wassers wurden schon früher auf dem Roten Planeten nachgewiesen. Was aber italienische Forscher nun unter dessen Südpol entdeckt haben, ist von einem ganz anderen Kaliber.
Der Mars war einst ein feuchter, womöglich sogar lebensfreundlicher Planet: Zahlreiche Gletscher, die sich in einem Gürtel in mittleren Breiten der nördlichen und südlichen Hemisphäre um den Roten Planeten ziehen, gelten als Zeugnisse dieser wasserreichen Vergangenheit. Auch typische Landschaftsformationen und Sedimentablagerungen weisen darauf hin, dass weite Teile seiner Oberfläche bis vor rund 3,8 Milliarden Jahren von Ozeanen bedeckt waren.
Was dann geschah, ist noch immer weitgehend unklar. Fest steht, dass der Mars sein schützendes Magnetfeld verlor und die Atmosphäre, die nun den Erosionskräften des Sonnenwinds ausgesetzt war, langsam ins All davongeblasen wurde – und mit ihr große Teile der marsianischen Wasservorräte. Übrig blieb jener eiskalte Wüstenplanet, als den wir unseren Nachbarn heute kennen.
Gänzlich wasserlos ist der Mars aber trotzdem nicht. Neben den Spuren von Wasserdampf in seiner dünnen Gashülle und einigen Ansammlungen von Wassereis unter der Oberfläche dürfte auf dem Roten Planeten nach wie vor auch flüssiges H O existieren: Beobachtungen der letzten Jahre lassen darauf schließen, dass im Sommer kleine salzhaltige Rinn- sale die Hänge einiger Hügel und Krater hinabfließen.
Diese relativ geringen Mengen sind aber nichts im Vergleich zu jenem Sensationsfund, von dem Forscher nun im Fachjournal Science berichten: Die Analyse von Radardaten ergab demnach solide Hinweise auf die Existenz eines regelrechten Sees von enormen Ausmaßen tief unter der Eiskappe des Mars-Südpols – mit erstaunlichen Parallelen zu ähnlichen Wasserkörpern auf der Erde.
Das Team um Roberto Orosei von der Universität Bologna kam dem unterirdischen See auf die Spur, indem es Radarmessungen des Mars-Express-Satelliten der Esa genauer analysierte. Die insgesamt 29 Datensätze des MarsisInstruments wurden zwischen Mai 2012 und Dezember 2015 in der Region Planum Australe an der südlichen Eiskappe des Mars gesammelt und zeigen etwa 1,5 Kilometer unter der Oberfläche einen riesigen scharf abgegrenzten Bereich an, der die Radarwellen in charakteristischer Weise reflektierte.
Nachdem die Forscher alternative Erklärungen für diese Werte ausschließen konnten, blieb nur eine Möglichkeit übrig: Ein flüssiger Wasserkörper von mindestens 20 Kilometern Durchmesser liegt dort unter dem südpolaren Eisschild verborgen. Er gleicht in vie- ler Hinsicht jenen Seen, die auch auf der Erde unter den grönländischen und antarktischen Eispanzern gefunden wurden. Obwohl die Lufttemperatur in der Antarktis im Jahresschnitt bei –60 Grad Celsius liegt, bleibt das Wasser dieser Seen aufgrund des enormen Drucks, der auf ihnen lastet, flüssig.
Auf dem Mars ist es unter dem polaren Eis mit –68 Grad Celsius sogar noch kälter. Reines Wasser würde dort sofort gefrieren. Orosei und seine Kollegen gehen jedoch davon aus, dass der herrschende Druck durch die darüberliegenden Eismassen und vor allem große Mengen von Natrium-, Magnesium- und Kalziumsalzen den Gefrierpunkt des Wassers weit genug herabsetzen, um den See flüssig zu halten – ganz so, wie es auch in den subglazialen Seen auf der Erde der Fall ist.
Refugium für Leben?
Was die Entdeckung für die Suche nach Leben auf dem Mars bedeutet, lässt sich vorerst freilich noch nicht abschätzen. Klar ist, dass man zumindest in absehbarer Zeit nicht an diesen unterirdischen Marssee herankommen wird. Aber allein die Tatsache, dass auf dem Mars große Wassermengen langfristig flüssig bleiben können, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass dort auch Bedingungen herrschen, in denen extremophile Mikroben überleben könnten. Von der Erde zumindest weiß man, dass sich derartige Lebensformen in den salzhaltigen arktischen und antarktischen Seen durchaus wohlfühlen.