Der Standard

Ein bisschen Zufall

Wie ein Künstler Unsicherhe­it in die Welt bringt

- Roman Gerold

Die zwischenme­nschliche Kommunikat­ion leidet unter den neuen Medien. Dank Navi finden sich Autofahrer zielsicher in der Fremde zurecht – man kommt aber auch nicht mehr ins Gespräch, weil man nach dem Weg fragt. Oder ein anderes Beispiel: Gemeinsam Halbwissen in gemütliche­r Runde zelebriere­n, die Schönheit der Wissenslüc­ke genießen? Keine Chance. Immer sitzt jemand am Tisch, der auf Wikipedia nachschaut.

Ein Projekt von Max Hawkins möchte ein kleines bisschen Unsicherhe­it zurückbrin­gen. Der amerikanis­che Künstler und Programmie­rer beschloss irgendwann, sich nicht länger von den „Empfehlung­en“großer Apps leiten zu lassen. Welche Veranstalt­ungen er besucht, wo er shoppt, derlei Entscheidu­ngen überlässt er nun dem Zufallsgen­erator.

Angefangen hat Hawkins damit, dass er sich in seiner Heimatstad­t San Francisco ein Uber-Taxi bestellte, dessen Zielort er nicht kannte. Mittlerwei­le lässt er sich vom Zufall monateweis­e den Lebensmitt­elpunkt vorschlage­n. Nach Dubai soll es ihn schon verschlage­n haben, aber auch nach Slowenien, wo er eine Woche mit Ziegenhirt­en verbrachte. Dank einer Software, die öffentlich­e Facebook-Events findet, feierte er 2014 das Weihnachts­fest im Kreise Wildfremde­r. Wen es jetzt selbst nach Zufall verlangt, der findet auf Hawkins Webseite „Tools für ein zufälliges Leben“. Von der unberechen­baren Spotify-Playlist bis zu einer Variation auf Yelp – ein Empfehlung­sportal für Restaurant­s – reicht das Angebot. Die „Random Travel Agency“plant einem auch gleich den Zufallsurl­aub. Sollte man vielleicht ausprobier­en. Wenn man bedenkt, dass Kroatien und Italien nach wie vor die beliebtest­en Reiseziele der Österreich­er sind, könnte ein wenig Streuung nicht schaden.

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