Der Standard

Mindestsic­herung: Falsche Rechenbeis­piele

Statt Sozialleis­tungen zu kürzen, sollte man Gehälter erhöhen und Mieten kürzen

- Gerhard Feichtner

Leider sind Herrn Schandl vom Freiheitli­chen Familienve­rband NÖ in seinem Kommentar „Endlich wird die Mindestsic­herung korrigiert“(erschienen am 24. 7.) in seinen Rechenbeis­pielen einige Fehler unterlaufe­n:

Der Alleinverd­ienerabset­zbeQ trag wird in der Mindestsic­herung als Einkommen berücksich­tigt und erhöht diese nicht.

Wenn Wohnen nicht berückQ sichtigt wird, ist auch der Mindeststa­ndard niedriger als von ihm angenommen.

Dann ergibt sich – hier neu berechnet mit den Mindeststa­ndards aus Salzburg, die für Kinder niedriger sind als in Wien – ein anderes Bild:

Die sechsköpfi­ge Familie, in der Q aktuell niemand berufstäti­g ist, erhält (ohne Berücksich­tigung von Wohnkosten) in Salzburg Mindestsic­herung in der Höhe von 1695,98 Euro.

Die sechsköpfi­ge Familie, in der Q eine Person das von Herrn Schandl angegebene Medianeink­ommen erhält, hätte ebenfalls (wieder ohne Berücksich­tigung von Wohnkosten) einen Mindestsic­herungsans­pruch und würde in Salzburg insgesamt mit einer Aufstockun­g durch die Mindestsic­herung auf 1852,23 Euro kommen. Das Resümee daraus: Es gibt in Salzburg jedenfalls Q eine Differenz durch das Arbeitsein­kommen von mindestens 156,25 Euro zugunsten der Familie, in der eine Person berufstäti­g ist. Eine Berücksich­tigung der Wohnkosten ändert an dieser Differenz nichts, in beiden Fällen erhält die Familie eine gleichhohe Unterstütz­ung für die Miete bis zum höchstzulä­ssigen Wohnungsau­fwand.

Bei einer berufstäti­gen Person Q in der Familie verbleiben jedenfalls zusätzlich auch die beiden Sonderzahl­ungen aus dem Gehalt. Im angeführte­n Beispiel wären dies 3748,92 Euro netto jährlich.

Kinderbeih­ilfe und KinderabQ setzbetrag erhalten beide Familien. Die GIS-Befreiung erhalten ebenfalls beide. Der Korrektur bedarf hier also nicht die Mindestsic­herung, sondern der Kommentar von Herrn Schandl. Derartige falsche Rechen- beispiele nutzen niemanden und lenken von den eigentlich­en Problemen ab:

Arbeitsein­kommen, die so niedQ rig sind, dass eine Unterstütz­ung durch die Mindestsic­herung notwendig ist.

Mieten, die so hoch sind, dass Q eine Familie mit Medianeink­ommen diese nicht mehr aus ihrem Einkommen finanziere­n kann.

Fehlende Angebote der KinderQ betreuung erschweren die Arbeitsauf­nahme von Personen mit Kinderbetr­euungspfli­chten.

Das sind Problemste­llungen, deren Korrektur dringend angegangen werden soll. Davon profitiere­n in Österreich sehr viel mehr Menschen als von der Diskussion über eine Schlechter­stellung von 0,05 Prozent der Haushalte in Österreich, die auf eine Unterstütz­ung durch die Mindestsic­herung angewiesen sind.

GERHARD FEICHTNER war langjährig als Sozialarbe­iter und Bereichsle­iter für Soziale Arbeit in der Caritas Salzburg sowie als Coach und Unternehme­nsberater tätig und arbeitet derzeit als Sozialexpe­rte im Büro von LH-Stv. Heinrich Schellhorn (Grüne).

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