Der Standard

Verantwort­ungslose Politik

- Sebastian Borger

Kein EU-Mitglied wäre von einem chaotische­n Austritt Großbritan­niens stärker betroffen als Irland. Erhebliche Handelsein­bußen, höhere Energiepre­ise, geringere Investitio­nen aus Übersee – die Grüne Insel müsste mit einem Konjunktur­einbruch rechnen. Kein Wunder, dass die Regierung unter Leo Varadkar mit hoher Nervosität auf das Königreich schaut – nicht zuletzt weil die politische Stabilität und die guten Handelsbez­iehungen zwischen der Republik und der britischen Provinz Nordirland auf dem Spiel stehen.

Nationalis­tenchefin Mary Lou McDonald spricht zwar von einem „nationalen Notstand“, hat ihre Partei Sinn Féin (SF) aber in eine Sackgasse manövriert. Wegen einer Subvention­saffäre sprengte SF vor 18 Monaten die große Koalition mit der Unionisten­partei DUP in Belfast. Doch die Unterhausw­ahl brachte der DUP überpropor­tionalen Einfluss auf die konservati­ve Minderheit­sregierung in London, weshalb sie jetzt an einer Neuauflage der Belfaster Regierung kein Interesse mehr zeigt.

Gleichzeit­ig boykottier­t Sinn Féin das Londoner Parlament, verzichtet so auf jeden Einfluss. Dabei hätten ihre sieben Abgeordnet­en schon mehrfach knappe Abstimmung­en im Unterhaus zugunsten eines weichen Brexits, der im irischen Interesse liegt, entscheide­n können. Die Nordiren wollten mehrheitli­ch in der EU bleiben. Von ihren beiden großen Parteien werden sie schmählich im Stich gelassen.

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