US-Torpedos gegen russische Gas-Dominanz
Flüssiggas kommt derzeit kaum in Europa an – In Deutschland wird trotz Überkapazitäten ein neuer LNG-Terminal gebaut
Russland, Norwegen und dann lange nichts: So sieht die Reihenfolge bei der Herkunft des von der EU konsumierten Gases aus. Russland sorgt für 43 Prozent der Importe, neue Pipelines sollen die Einfuhren zumindest stabil halten. Die Alternative Flüssiggas (LNG für Liquefied Natural Gas) konnte sich bisher nicht so richtig durchsetzen. Das will der große Produzent USA ändern. Doch bisher gelang das nicht. Mit zwölf Prozent der europäischen Einfuhren ist der Anteil von LNG zwar nicht gerade vernachlässigbar, doch der amerikanische Anteil ist bescheiden.
Das liegt u. a. an den zu hohen Preisen für den Energieträger, die wiederum mit dem hohen Logistikaufwand zusammenhängen. LNG wird durch Abkühlung auf minus 160 Grad auf rund ein Sechshundertstel des normalen Gasvolumens komprimiert. In verflüssigter Form kann Gas dann in besonderen Behältern per Schiff oder Schiene transportiert werden. Als Vorteil gilt dabei vor allem die Unabhängigkeit von geopolitisch heiklen Pipelines, als Nachteil der Umwelt- und Klimaschaden bei der Herstellung. Derzeit sind große LNG-Anlagen wie jene in Rotterdam wirtschaftlich wegen geringer Auslastung ein Desaster. Die Eigentümer – darunter die OMV – mussten das Investment um viele hundert Millionen Euro abschreiben.
Ist das Flüssiggasgeschäft in Europa also an sich schon ein lahmendes, gilt das für US-Einfuhren in besonderem Ausmaß. Lediglich 1,7 Prozent des von der EU bezogenen Flüssiggases kommen aus den Vereinigten Staaten. Das soll sich ändern, und es gibt auch gute Gründe dafür, vor allem den steigenden Gasbedarf. Neben wirtschaftlichen wären da freilich auch politische Argumente. Polen und die baltischen Länder beispielsweise legen Wert auf mehr Unabhängigkeit von russischem Gas. Die Annexion der Krim durch den Kreml hat die Verbindungen der Nato-Länder zu Washington gestärkt. In Świnoujście verfügt Polen über einen LNG-Terminal, der nicht rein zufällig immer stärker mit dem umstrittenen Fracking-Gas versorgt wird.
Vor dem Hintergrund der Geschäftspotenziale ist auch der Widerstand der USA gegen den geplanten Bau der zweiten Pipeline-Röhre Nord Stream II von Russland durch die Ostsee nach Deutschland zu sehen. Mehr russisches Gas reduziert die Marktchancen für US-Anbieter. Berlin fährt dabei zweigleisig. Russisches Gas ist hoch im Kurs. Doch jetzt soll auch in Brunsbüttel nördlich von Hamburg trotz der bestehenden Überkapazitäten in Europa ein LNGTerminal entstehen. Das dürfte Trump gefallen. (as)