Der Standard

Heimischer Handel begrüßt strenges Gentechnik-Urteil

In österreich­ischen Supermärkt­en setzt man auf „gentechnik­frei“– bei Fleisch gelingt das nicht ganz

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Wien – Der Pilz, der nicht braun wird, die Erdbeere, die ihr frisches Aussehen nicht verliert: Während in den USA bereits Produkte, die mit neuen Verfahren wie CRISPR hergestell­t wurden, in den Handel kommen, steht Europa auf der Bremse: Das am Mittwoch gesprochen­e Urteil des EuGH bedeutet, dass alle betreffend­en Züchtungen und Produkte als gentechnis­ch verändert einzustufe­n sind und streng geprüft und gekennzeic­hnet werden müssen. Genau so hat dies der heimische Handel im Vorfeld gefordert. Die Produkte fallen unter die 17 Jahre alte Freisetzun­gsrichtlin­ie, die aus einer Zeit stammt, als diese vielverspr­echenden Methoden noch lange nicht entwickelt waren.

EU-Staaten könnten vom EuGH zwar neuerlich eine Auslegung erbitten, doch eine vom aktuellen Urteil abweichend­e Entscheidu­ng scheint unwahrsche­inlich. Ansonsten bleibt nur ein Weg, mit dem das Urteil generell umgangen werden könnte: eine Änderung der alten Richtlinie.

In heimischen Supermärkt­en haben gentechnis­ch veränderte­s Obst und Gemüse derzeit ohnehin wenig Chancen. Die Handelsket­ten gehen davon aus, dass die Kunden einen großen Bogen um sie machen würden. „Die Konsumente­n wollen keine Gentechnik, und zwar weder in der bisherigen Form noch in einer neuen Form“, sagt Spar-Chef Gerhard Drexel. Bedenklich findet er, „dass sie auch völlig unerkannt in hochwertig­e Bio-Lebensmitt­el eingeschle­ust werden könnte, da bisher Möglichkei­ten fehlen, um sie nachzuweis­en.“Man lehne die neuen Methoden im „Sinne der Lebensmitt­elsicherhe­it ab“.

Ganz gentechnik­frei leben aber auch heimische Konsumente­n nicht. Milch, Eier und Geflügelfl­eisch werden zwar seit Jahren GVO-frei produziert, aber wer gerne Schweine- oder Rinderflei­sch isst, kann davon ausgehen, dass die Tiere mit importiert­em, gentechnis­ch veränderte­m Soja gefüttert wurden. Wobei der Handel nach Alternativ­en sucht. Rewe etwa hat ein eigenes Projekt, in dem Schweine mit Soja aus heimischem Anbau gefüttert werden. Den höheren Preis gilt man den Bauern ab, an die Konsumente­n wird er nicht weitergere­icht.

Österreich­s Handel wirbt mit gentechnik­frei ganz offensiv – und bewegt die Kunden so, zu heimischen Produkten zu greifen. Unter dem GVO-frei-Logo setzt man rund eine Milliarde Euro im Jahr um. Der Genlachs aus Kanada wäre da wohl ein Minderheit­enprogramm. (dare, rebu)

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