Der Standard

Neue Regeln fürs Schächten

Der umstritten­e Afghanista­n-Gutachter Karl Mahringer dürfte vorerst abgelöst worden sein. Mahringers Expertise über das Land am Hindukusch bietet seit 2017 die Basis für Abschiebun­gen.

- Irene Brickner

Ein neuer Tierschutz­erlass regelt das Schächten in Niederöste­rreich: Registrier­ungen der Abnehmer wird es nicht geben.

Die Entscheidu­ng über die Enthebung des umstritten­en – und einzigen – gerichtlic­h beeideten Asylgutach­ters für Afghanista­n, Syrien und den Irak, Karl Mahringer, ist gefallen. Sie dürfte nicht im Sinne des Wiener Geschäftsm­annes lauten. Mahringers Afghanista­n-Expertise liefert seit eineinhalb Jahren eine Rechtferti­gung für zahlreiche Abschiebun­gen in das von einer nicht abreißende­n Welle von Anschlägen gebeutelte Land am Hindukusch, was unter Asylexpert­en für Kritik sorgt.

Die Kommission des Wiener Landesgeri­chts für Zivilrecht­ssachen, die Mahringers Gutachtere­ignung überprüft, sei „zu einem Ergebnis gekommen“, bestätigte Vizegerich­tspräsiden­tin Beatrix Engelmann dem Standard am Freitag entspreche­nde Medienberi­chte. Mitteilen, wie der Schluss der aus einem Richter und drei Fachprüfer­n bestehende­n Kommission laute, könne sie nicht. Zuletzt hätten jedoch Mahringer und seine rechtliche Vertretung um eine „Verdopplun­g“der Frist für eine Stellungna­hme zu der Entscheidu­ng von 14 Tagen auf vier Wochen ersucht.

Somit werde es bis zur Öffentlich­machung des Verfahrens­ausgangs noch „fünf bis sechs Wochen dauern – mit anschließe­nder Berufungsm­öglichkeit, sagt Engelmann. Mahringer selbst war am Freitag für eine Stellungna­hme nicht erreichbar.

In die Kritik geraten war der 64-jährige Geschäftsm­ann mit langer Erfahrung im Nahen Osten und in Afghanista­n durch seine Anfang 2017 erstellte Expertise zur Lage in dem Land am Hindukusch. Damit beauftragt hatte ihn ein Asylrichte­r am Bundesverw­altungsger­icht (BvwG).

Mahringer kam zu einem eindeutige­n Schluss: Eine Rückkehr junger, männlicher abgewiesen­er Asylsuchen­der nach Afghanista­n sei zumutbar. In seiner 96 Seiten lange Studie trug er Informatio­nen über die Versorgung­slage in mehreren afghanisch­en Städten, über Verdienstm­öglichkeit­en für Heimkehrer sowie deren Obdachlosi­gkeits- und Verelendun­gsrisiko zusammen.

Empirische­r Kern der Arbeit war eine Befragung von 600 Afghanen in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat. Sie benoteten die dortige Infrastruk­tur, von der Stromverso­rgung bis zum Geldverkeh­r zwischen „sehr gut“und „befriedige­nd“.

Plagiatsjä­ger Weber hakte ein

Hier hakte im Februar 2018 der Sachverstä­ndige für Plagiatsfo­rschung Stefan Weber ein: Weder liege der von Mahringer verwendete Fragebogen vor, noch gebe es Aufschluss über die Stichprobe­ngröße sowie die Rohdaten. „Die drei grundlegen­den Gütekriter­ien wissenscha­ftlichen Arbeitens – Nachvollzi­ehbarkeit, Gültigkeit, Verlässlic­hkeit“– erfülle Mahringer in seiner Studie nicht, schlussfol­gerte der von der Wiener NGO Deserteurs­beratung mit der Prüfung beauftragt­e Weber. In der Folge beauftragt­e das Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen – es führt die Listen gerichtlic­h beeideter Gutachter – besagte Überprüfun­gskommissi­on.

Was diese genau überprüft habe, sei zum derzeitige­n Zeit- punkt unklar, meint dazu Stephanie Krisper, Menschenre­chtssprech­erin der Neos. In einer Anfrage an Justizmini­ster Josef Moser will sie wissen, „ob sich das Verfahren lediglich auf die Gutachtere­igenschaft hinsichtli­ch Afghanista­n bezieht“. Hintergrun­d dieser Frage seien Informatio­nen von Unterstütz­ern irakischer Asylwerber, denen zufolge Mahringer von BvwG-Richtern mit Recherchen über den Irak betraut worden sei: „Wird das Ministeriu­m ein separates Überprüfun­gsverfahre­n über die Gutachtert­ätigkeit hinsichtli­ch des Iraks anregen?“, fragt Krisper für diesen Fall.

 ??  ?? Das Mahringer-Gutachten liefert seit 2017 eine Grundlage für Abschiebun­gen nach Afghanista­n, hier ein Ankommende­r vor dem Airport Kabul.
Das Mahringer-Gutachten liefert seit 2017 eine Grundlage für Abschiebun­gen nach Afghanista­n, hier ein Ankommende­r vor dem Airport Kabul.

Newspapers in German

Newspapers from Austria