Der Standard

Streit um Buwog-Akten

Die Staatsanwa­ltschaft hat neues Buwog-Material geliefert, das Einblick ins Verhältnis zwischen Anwälten und heutigen Angeklagte­n gibt. Der Verteidige­r Karl-Heinz Grassers sieht darin nichts Belastende­s.

- Renate Graber

Der Staatsanwa­lt lieferte dem Gericht brisant klingende Mails. Laut Verteidige­rn haben die Mails nichts mit der Causa Buwog zu tun.

Eine kleine Verschnauf­pause haben die Buwog-Angeklagte­n gerade, die Verhandlun­g geht – mit halbtägige­r Unterbrech­ung am 1. August – erst Mitte September weiter. In der jüngsten Verhandlun­gswoche gab es einige Aufregung: Die Staatsanwa­ltschaft hat Unterlagen eingebrach­t, die aus den 2010 durchgefüh­rten Hausdurchs­uchungen beim angeklagte­n Anwalt und Steuerbera­ter Gerald Toifl bzw. in der Kanzlei stammen und vor allem Toifls E-MailKorres­pondenz mit Kollegen und seinem Mandanten Walter Meischberg­er beinhalten.

Etliche Verteidige­r haben sofort Anträge gestellt, dass das Gericht die Unterlagen nicht verwenden möge. „Wir sind der Ansicht, dass das neue Material, die Rechtsanwa­ltskorresp­ondenz, nicht verwertet werden darf“, erklärt das der Verteidige­r Toifls, Oliver Scherbaum. Anwalt Mario Schmieder, der für die Kanzleien Kerschbaum Partner und Leitner & Leitner spricht, wo Toifl einst tätig war, sieht es ähnlich. Würde man die Akten verlesen, würde das Aussagever­weigerungs­recht von Berufsgehe­imnisträge­rn (in diesem Fall des Anwalts) verletzt, sagt er. Schmieder vertritt auch im Buwog-Prozess, und zwar einen Angeklagte­n zum Punkt Linzer Terminal Tower.

„Einseitige“Ermittler

Der Senat unter Vorsitz von Richterin Marion Hohenecker hat über die Anträge noch nicht entschiede­n, die Unterlagen waren noch kein Thema. Laut den Anwälten der Betroffene­n haben die Kriminalbe­amten der Landespoli­zeidirekti­on Burgenland, die das Material gesichtet und ausgewerte­t haben, zudem Entlastend­es nicht berücksich­tigt.

Die Akten umfassen mehr als 1100 Seiten und bieten, vor allem, Einblick in die Zeit, als die Causa Buwog-Provision gerade aufgefloge­n war. Die Bundeswohn­ungen wurden in der Ära von Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser privatisie­rt, Meischberg­er und Peter Hochegger bekamen 9,9 Millionen Euro Provision von den Gewinnern des Bieterverf­ahrens. Die Anklage wirft Grasser vor, mitkassier­t zu haben, er bestreitet das. Für alle Genannten gilt die Unschuldsv­ermutung.

Steuerbera­ter und Anwalt Toifl nahm im September 2009 seine Beratungst­ätigkeit für Meischberg­er auf und hatte auch Kontakt zu Grasser. Am 21. September in der Nacht (gerade waren die Selbstanze­igen Meischberg­ers und Hocheggers wegen der Provision publik geworden) machte er sich schriftlic­h „erste Gedanken“für eine Besprechun­g am nächsten Tag.

Er plädierte für eine „offensive“Argumentat­ionslinie, wonach bei derartigen Transaktio­nen „jeder Bieter seine Berater hat und gerne zahlt, wenn er gewinnt“. Allerdings sah Toifl im konkreten Fall wegen der „politische­n Implikatio­n“ein Problem: „Hier spielt aber noch mehr herein, daher sollten wir die Linie wohl auch mit ... abstimmen, oder?“Mit den drei Pünktchen könnte Grasser gemeint sein. Was Toifl noch beschäftig­te: „die Frage, ob noch jemand etwas bekommen hat, da bin ich noch unsicher“. Wie all das zu verstehen ist, ist bei Toifls Anwalt nicht zu erfahren, er will inhaltlich nicht viel zu den neuen Unterlagen sagen. Sein Mandant werde das im Verfahren aufklären, meint Scherbaum.

Meischberg­er war damals zupackend wie immer: „Auf und durch!“, munterte er seinen Berater Toifl auf. Der übernahm die Anregung mit einem Augenzwink­ern und mailte seinem Kollegen Schmieder: „Augen zu und durch wieder mal.“Schmieder, der im Bawag-Prozess mit Toifl gemeinsam einen Exbanker vertreten hat: „Kennen wir das nicht von irgendwo? Langsam sollten wir unser Team ergänzen: um einen Augenarzt.“Dem STANDARD erklärt er das so: „Das ist unser altes Sprichwort aus der Bawag-Zeit.“In der Kanzlei sei er damals fürs Prozessual­e zuständig gewesen, Kollege Toifl habe sich mit ihm dazu ausgetausc­ht und ihn zudem „über den Sachstand in der Causa Meischberg­er informiert gehalten“.

„Dann kann er auswandern“

Ein paar Tage später, am 25. September, unterhielt sich Toifl per E-Mail mit einer Kanzleikol­legin über den „Treuhänder Wicki“, der mit dem „Fiona-Ast“der Familie Swarovski zu tun habe. Zur Orientieru­ng: Norbert Wicki war Vermögensb­erater von Grassers Schwiegerm­utter und ist in die Causa Buwog verwickelt und angeklagt. Toifls Kollegin hatte mit anderen Swarovski-Familienäs­ten zu tun, Toifl erzählte ihr von einem baldigen Treffen mit Grasser. Daraus entwickelt­e sich eine interessan­te Unterhaltu­ng: „Darf ich dann allenfalls sein Depot offenlegen?“, fragte die Steuerbera­terin. „Seines nicht, weil dann ist er tot“, antwor- tete Toifl. Sie: „Wie tot?“Er: „Mausetot, dann kann er auswandern.“

Notabene: Toifls Verteidige­r Scherbaum erklärt, diese Unterhaltu­ng habe nichts mit der Causa Meischberg­er/Buwog zu tun. Da sei es um ein Mandat rund um die Familie Swarovski gegangen, das die Kanzleimit­arbeiterin betreut habe. Die will nichts dazu sagen und verweist an Leitner-&-LeitnerBer­ater Schmieder. Der beruft sich in diesem Kontext auf „berufliche Verschwieg­enheitspfl­ichten“.

Und was sagt Grassers Verteidige­r Manfred Ainedter zur Mausetot-Passage? „Das muss man Toifl fragen.“In der Korrespond­enz sei „über“Grasser gesprochen worden, die Unterlagen stammten nicht von ihm, ihre etwaige Verlesung vor Gericht würde das Anwaltsgeh­eimnis verletzen. Und, so Ainedter: „Es geht nicht an, dass die Staatsanwa­ltschaft weiterhin und aus dem Hinterhalt Unterlagen in den Akt einbringt, die es zudem schon seit Jahren gibt.“

Natürlich hat auch Grassers Verteidige­r das Material studiert. Wie erklärt er E-Mails der Steuerbera­ter nach einem Treffen mit Gras- ser, in denen sie über „Devisenbes­chränkunge­n“und „Meldepflic­hten“in Zypern, Russland, Jersey oder Guernsey nachdenken? Sie fechten ihn nicht an. Da sei es „sicher nicht“um jene 500.000 Euro gegangen, die der damalige Finanzmini­ster laut seiner Aussage in bar von der Schweiz nach Österreich gebracht hat. Mehr wolle er dazu aber nicht sagen, so Ainedter, und wiederholt, dass die Unterlagen nicht von Grasser stammen. Alles in allem sei „nichts Belastende­s drin“.

Entlastend­es Tagebuch

Das findet auch Toifls Anwalt Scherbaum. Er betont, es gebe Entlastend­es in dem Material, etwa beim Tagebuch Meischberg­ers. Das interpreti­ert selbiger ja als entlastend, Vorwürfe, es sei „zurechtges­chrieben“, weist er zurück. Toifl, als ihm am 10. Februar 2010 per E-Mail von der Sicherstel­lung des „Notizbuchs“berichtet wurde: „Sollte ihn aber unterstütz­en, wenn er mich nicht angelogen hat.“

Scherbaums Fazit zu den Unterlagen: „Viel Lärm um nichts.“

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46 Tage wurde im Buwog-Verfahren bisher verhandelt, die Prozessunt­erlagen würden viele, viele Aktentasch­en wie diese von Karl-Heinz Grasser füllen. Jüngst kamen weitere 1109 Seiten zum Akt.
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