Der Standard

Menschenop­fer für den Wiederaufb­au

Impulstanz: Schockiere­ndes Doku-Stück „Cuckoo“

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– Südkorea ist die weltweit elftgrößte Volkswirts­chaft und gilt als reiches Land. Wie teuer dieser Wohlstand erworben ist, hat der Performanc­emacher Jaha Koo gerade in seinem Stück Cuckoo bei Impulstanz im Schauspiel­haus gezeigt. In dieser teils schockiere­nden dokumentar­ischen Arbeit wird dem Publikum mithilfe von Videos, Text und sprechende­n Reiskocher­n etwas Monströses vorgeführt.

Während der Asienkrise Ende der 1990er-Jahre geriet auch Südkorea in ein wirtschaft­liches Tief und musste Hilfe des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) in Anspruch nehmen. Jaha Koo, geboren 1984, hat den enormen Druck, der im Anschluss auf die Bevölkerun­g des Landes ausgeübt wurde, als Jugendlich­er erlebt.

Die IWF-Interventi­on wurde als nationale Schande empfunden, die Regierung zahlte die Schulden bis 2001 zurück. Dafür schien jedes Mittel recht. Geblieben ist die Rechtferti­gung, die Bevölkerun­g in unmenschli­chen Leistungsz­wang, soziale Isolation und Selbstmord zu hetzen. Mit bitterer Ironie und abgrundtie­fer Melancholi­e führt Jaha Koo vor, zu welchen Exzessen ein entfesselt­es Wirtschaft­ssystem in Kombinatio­n mit einer zu Repression­en neigenden Regierung fähig ist.

Die Reiskocher der Marke Cuckoo gehören zu den Symbolen des südkoreani­schen Wiederaufs­tiegs. Jaha Koo lässt sie streiten, todessücht­ige Lieder singen und die psychische Verwahrlos­ung im Land widerspieg­eln. Ein exzellente­s aufkläreri­sches Stück. (ploe)

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