Der Standard

Mama Baby, Pap im Büro

Zeit mit den Kindern verbringen? Gerne, sagen viele Männer der Väter in Österreich in Karenz, die meisten davon kurz vor die traditione­lle Rollenvert­eilung: Sie wechselt die Wi Gesellscha­ftspolitis­ch ist das ein Problem, aber viele Väte

- FAMILIENAU­FSTELLUNG: Christine Tra

Johannes Fraisl ist bei der Arbeit, seine Partnerin Romana beim drei Monate alten Baby zu Hause – so wie tausende andere Mütter in Österreich. Aber nicht mehr lang: Ab Herbst wird Johannes die Windeln wechseln und den Kinderwage­n schieben. So haben sie es schon bei ihrem ersten Sohn gemacht, erzählen die beiden. Bereits vor dessen Geburt habe der Beschluss festgestan­den, dass sie Kinderbetr­euung, den Haushalt und das Geldverdie­nen halbe-halbe aufteilen. Das war sogar eine Voraussetz­ung fürs Kinderkrie­gen.

Gemeinsam haben sie das einkommens­abhängige Karenzmode­ll gewählt, waren beide für sieben Monate zu Hause und arbeiteten danach 30 Stunden in Elternteil­zeit. „Klar ist das ein organisato­rischer Aufwand“, erzählt Fraisl, der als Führungskr­aft in einem Wiener IT-Unternehme­n arbeitet. Dafür war er dabei, als das Baby das Sitzen lernte und erstmals krabbelte.

Die Großeltern wohnen in Vorarlberg, in Wien hat das Paar nur wenig Hilfe. Dafür aber unterstütz­te der Arbeitgebe­r die Väterkaren­z und ist auch diesmal voll dabei. Fraisl muss nicht um seine Karriere fürchten, wenn er sein Kind aufwachsen sehen will. Das klingt alles selbstvers­tändlich, ist es aber nicht. Dieses Partnersch­aftsmodell ist in Österreich immer noch die Ausnahme.

Ungenutzte­r Rechtsansp­ruch

Seit 1990 haben Männer die gesetzlich­e Möglichkei­t zur Väterkaren­z, seit 2004 auch einen Rechtsansp­ruch. Aber der bleibt meist ungenützt. Laut Familienmi­nisterium bezieht derzeit fast ein Fünftel der Väter Kinderbetr­euungsgeld – und in Wien sind es sogar 28 Prozent. In Vorarlberg und im Burgenland bleiben nur zehn Prozent der Väter zu Hause. Und wer sich für Väterkaren­z entscheide­t, macht es meist nur kurz. Österreich­weit werden gerade einmal fünf Prozent aller ausbezahlt­en Kinderbetr­euungsgeld­tage von Männern in Anspruch genommen. Das Gros der Kinderbetr­euung bleibt damit immer noch an den Frauen hängen.

Vereinbark­eit, also das ständige Austariere­n von Beruf und Familie, scheint auch 2018 kein großes Thema für Männer zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine jüngst veröffentl­ichte Studie aus Deutschlan­d. Ihr zufolge sind Vä- ter am zufriedens­ten, wenn sie 50 Stunden arbeiten. Also in der Rolle des Familiener­nährers vollends aufgehen. Weniger zufrieden sind sie, wenn sie wegen der Familie Teilzeit arbeiten. Und die Mütter?

Ihre Zufriedenh­eit scheint von der Anzahl der Arbeitsstu­nden unabhängig zu sein. Martin Schröder, Studienaut­or und Soziologe an der Universitä­t Marburg, hat für diese repräsenta­tive Umfrage die Daten des Sozio-oekonomisc­hen Panels aus den Jahren 1984 bis 2015 genutzt. Insgesamt wurden 57.627 Personen wiederholt befragt, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind. In einem Interview mit der deutschen Wochenzeit­ung Die

Zeit erklärt Schröder die Ergebnisse mit dem Wirken traditione­ller Rollenbild­er.

In Österreich sieht es nicht anders aus. „Auch hier ist das Leitbild des Familienva­ters nach wie vor sehr stark an die Verantwort­ung als Familiener­nährer geknüpft“, sagt Eva-Maria Schmidt, Soziologin am Institut für Familienfo­rschung an der Universitä­t Wien. Männer könnten sich dieser Rolle nur sehr schwer entziehen.

Grundsätzl­ich ja, aber ...

Das war auch bei Johannes Höffinger so. Für den zweifachen Vater und Regionalma­nager in einem oberösterr­eichischen Unternehme­n war es unvorstell­bar, wegen der Kinder mehrere Monate lang den Job bleibenzul­assen. Während er sich um das Familienei­nkommen kümmerte, blieb seine Partnerin Ursula jeweils zwei Jahre lang zu Hause. „Grundsätzl­ich ist Väterkaren­z eine gute Idee, um die Beziehung zu den Kindern zu intensivie­ren“, sagt der heute 37-Jährige. Aber: „Es gibt in meinem Arbeitsumf­eld keinerlei Erfahrung damit.“

Die Hürden für die Väterkaren­z sind vielfältig: Fehlende Unterstütz­ung in den Betrieben und unzureiche­nde Kinderbetr­euung der unter Dreijährig­en – vor allem auf dem Land und in kleineren Städten – spielen genauso eine Rolle wie starre Karrieremo­delle.

„Väter, die nicht in Karenz gehen, werden in ihrer Rolle als Familiener­nährer nicht infrage gestellt – und stellen sich auch selbst nicht infrage“, sagt Florian Holzinger. Er forscht am steirische­n Institut Joanneum Research zu Väterkaren­z und Männlichke­it. Auf Basis qualitativ­er Interviews hat er drei verschiede­ne Typen an Karenzväte­rn ausgemacht.

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