Der Standard

Kunst, Metal und Veranstalt­ungstipps

Chelsea Wolfe besingt zwischen düsterem Zeitlupen-Metal und dunklem, dräuendem Folk die wirklich wichtigen Dinge: Alles hat einmal ein Ende.

- Christian Schachinge­r

– Auf Youtube kann man unter dem Suchbegrif­f „Black Sabbath 700 % Slower“nicht nur eine beliebte Remixform unserer Tage finden. Wenn die Zeit hektisch, chaotisch und unsicher wird, zerdehnt man diese einfach bis hin zum Einzugsber­eich eines Schwarzen Lochs – und surft darauf Richtung Nirgendwo.

Die radikale Verlangsam­ung der ohnehin nicht für künstleris­che Lebensfreu­de (privat, ja!) oder springlebe­ndige künstleris­che Wendigkeit (auch privat, nein!) bekannten Doom-Rock-Väter Black Sabbath und ihrer programmat­ischen Slow-Motion-Songteufel­ei Black Sabbath sollte man möglichst laut aufdrehen. Siehe auch: „Diabolus in musica!“

Dazu mischt man einen nicht allzu schlagzeug­lastigen und ebenfalls eher mit rezeptpfli­chtigen Medikament­en sedierten Track von Siouxie Sioux, der britischen Übermutter der GothicBewe­gung und ihrer Band The Banshees aus ungefähr jener Zeit, in der Chelsea Wolfe gerade das Licht der Welt erblickte.

Nun jagt man diese hübsche, musikalisc­h wie auch die Nerven selbst aufreibend­e Collage quer durch eine Echokammer rüber zum Stammtisch der Hexe von Blair. Die leidet seit Jahren unter Schlaflosi­gkeit, deshalb scheut sie natürlich das Licht am Ende des Tunnels und frisst vermeintli­ch beruhigend­e Drogen, Drogen, Drogen mit leider oft paradoxer Wirkung. Sie lebt also im Zwischenre­ich von Koma und Amok und murkst sehr gern verblödete, hysterisch schreiende Teenager ab, die ab und zu im finsteren Wald einen auf Hänsel und Gretel machen. Normale Waldarbeit­er oder Pilzsucher tun es aber auch.

Meisterwer­k der Düsternis

Nun hat man bereits einen passablen ersten Eindruck von der Kunst der 34-jährigen US-Künstlerin Chelsea Wolfe bekommen. Wolfe singt wie ein Todesengel in endloser existenzie­ller Dunkelheit mit unheilschw­angerer Stimme von den Schattense­iten, die uns in der Kunst seit jeher mehr bewegen als ein Sunshine Reggae aus dem Querschwim­merbecken im Freibad.

Nach halben Meisterwer­ken der Vergeblich­keit und Düsternis, immer auch mit den gerade beschriebe­nen autobiogra­fischen Mindestant­eilen versehen (okay, das mit dem Teenieschl­itzen stimmt nicht), genannt seien etwa Arbeiten wie Apokalypsi­s oder

Pain is Beauty und Abyss, hat sie im Vorjahr Hiss Spun veröffentl­icht. Ein Runterbrin­ger vor dem Herrn. Darauf treffen die erdmöbelsc­hweren Metal-Gitarren von Acts wie SunnO))) oder Neurosis auf schrecksta­rre Selbstrefl­exionen einer auch von schwermüti­gem Folk oder dem Blues einer PJ Harvey beeinfluss­ten Künstlerin.

Exakt vier Jahre nach ihrem letzten Gastspiel in der Arena bringt Chelsea Wolfe nun erneut ihre in den Wüsteneien von WienErdber­g zum letzten Tanz ladende Totenglock­e zum Erklingen. Black Sabbath haben 1970 Black Sab

bath exakt mit einer solchen als Intro begonnen. Just remember that death is not the end. Sa, 4. 8., Arena, 1030 Wien, 20.00

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Manchmal zwingt sich Chelsea Wolfe, auch bei Tageslicht an die Öffentlich­keit zu treten. Ihr Publikum wird dies nachts bei ihren Konzerten allerdings büßen müssen.

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