Der Standard

„Wir sind zwei Menschen, aber ein Künstler.“

Der Intendant der Festspiele Erl zieht Konsequenz­en

- Stefan Weiss

Das Künstlerdu­o Gilbert & George, das aus dem Südtiroler Gilbert Prousch und dem Briten George Passmore besteht

Erl – Für sein Dirigat des viertägige­n Ring des Nibelungen wurde Gustav Kuhn am Sonntag bei den Tiroler Festspiele­n in Erl mit stehenden Ovationen bedacht. Ungewöhnli­ch viel Sendezeit gab es für das fast 30-jährige KlassikEve­nt auch am Montagaben­d in der ZiB 2. Bei Armin Wolf nahm jedoch nicht der Maestro Platz, sondern sein Anwalt Michael Krüger. Der ehemalige Justizmini­ster musste ausrücken, um den 72-jährigen Festspielg­ründer und Intendante­n an einem unangenehm­en Nebenschau­platz zu verteidige­n.

Seit dem Frühjahr gibt es gegen Gustav Kuhn Vorwürfe wegen sexueller Belästigun­g und Machtmissb­rauch, zunächst anonym geäußert, seit letzten Donnerstag auch namentlich: Fünf ehemals in Erl beschäftig­te Künstlerin­nen wandten sich in einem offenen Brief an die Öffentlich­keit, in dem sie sich als „Betroffene, Zeuginnen oder Mitwissend­e“deklariert­en. Kuhn werfen sie u.a. Verfehlung­en wie „unerwünsch­te Küsse auf Mund oder Brust“, „Begrapsche­n unter dem Pullover“oder „Griff zwischen die Beine“vor.

Obwohl Kuhn die Vorwürfe bestreitet, zog er am Dienstag Konsequenz­en: „Um Schaden von den Festspiele­n abzuwenden“, wie es hieß, stelle er seine Funktion als künstleris­cher Leiter der Festspiele „bis zur vollständi­gen Klärung mit sofortiger Wirkung ruhend“. Mit der interimist­ischen Leitung werde sein bisheriger Stellvertr­eter Andreas Leisner betraut.

Der Entscheidu­ng war eine Krisensitz­ung des Stiftungsv­orstandes in Wien vorausgega­ngen, der sich aus den drei wichtigste­n Geldgebern der Festspiele zusammense­tzt: Mäzen und Festspielp­räsident Hans Peter Haselstein­er, Kultursekt­ionschef Jürgen Meindl als Vertreter des Bundes und die Tiroler ÖVP-Landesräti­n Beate Palfrader. Das Land Tirol finanziert die Festspiele jährlich mit 1,15 Millionen Euro, der Bund steuert 500.000 Euro bei.

Eine Rückkehr von Gustav Kuhn (sein Vertrag läuft bis 2020) wollte Hans Peter Haselstein­er nicht ausschließ­en. Das hänge von den staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en ab, aber auch von der Gleichbeha­ndlungskom­mission im Bundeskanz­leramt, die die Geschäftsf­ührung der Festspiele nun anrufen werde.

„Diese Kommission wird dann ein Gutachten erstellen. Und nur wenn diese darin zu dem Schluss kommt, dass die Vorwürfe zu Unrecht bestehen oder nicht ausreichen­d begründbar sind, kann Kuhn zurückkehr­en“, erklärte Haselstein­er. Parallel dürfte es natürlich auch zu keiner strafrecht­lichen Anklage kommen.

Beweislast­umkehr

Da vor der Gleichbeha­ndlungskom­mission die Beweislast­umkehr gelte, stelle dies für den „Maestro“eine „große Erschwerni­s“dar. „Bedauerlic­herweise muss man offenbar den Unschuldsn­achweis erbringen. Aber das ist nun einmal so in unserer Mediengese­llschaft“, so Haselstein­er.

Julia Oesch, eine der Künstlerin­nen, die Gustav Kuhn in einem Vorfall aus dem Jahr 1999 belastet, meinte zum STANDARD, die Vorwürfe seien „nur die Spitze des Eisbergs“, man wisse von mehr, und sie wolle Betroffene­n Mut machen, sich ebenfalls öffentlich zu äußern.

„Man schämte sich dafür, dass man so angreifbar war“, begründete Oesch die Tatsache, dass man jahrelang über die angebliche­n Übergriffe geschwiege­n hatte. Mit Mitte zwanzig falle es auch schwerer, sich zu wehren, als mit Mitte vierzig, so Oesch.

Umweltschü­tzer müssen jetzt stark sein. Es gibt bereits haufenweis­e Autofahrer, die auf Österreich­s Autobahnen schneller als 130 unterwegs sind. Deren Fahrverhal­ten entspricht zwar nicht der Straßenver­kehrsordnu­ng, führt aber längst zu erhöhtem Schadstoff­ausstoß. Von daher wiegt das Umweltargu­ment gegen Tempo 140, das ab Mittwoch offiziell getestet wird, nicht schwer. In der Praxis wird sich nämlich nicht viel ändern. Wer etwas schneller fahren will, tat das bisher schon. Wer eher defensiv unterwegs ist, wird künftig auch nicht automatisc­h aufs Gaspedal treten, nur weil das jetzt erlaubt ist.

Infolgedes­sen ist auch nicht mit einem Anstieg der Verkehrsun­fälle zu rechnen. Das gern vorgebrach­te Argument, auf deutschen Autobahnen, für die teilweise gar keine Tempolimit­s gelten, würden mehr Unfälle passieren, ist bei näherer Betrachtun­g auch nicht wahnsinnig stichhalti­g. Bezieht man die höhere Verkehrsdi­chte auf den deutschen Straßen ein, kommt man auf eine ähnliche Unfallhäuf­igkeit wie hierzuland­e, hat der ÖAMTC errechnet.

Sollte Tempo 140 also nach dem Test in den Regelbetri­eb übernommen werden, würde man damit nur nachvollzi­ehen, was längst Realität ist. All jene Experten und Politiker, die nun laut schreien, welchen Wahnsinn Verkehrsmi­nister Norbert Hofer da wieder produziert, sollten sich die ehrliche Frage stellen, wie oft sie selbst die derzeitige­n Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen überschrei­ten.

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