Der Standard

Bilder des Vergessens positiv einsetzen

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Im Alzheimerd­rama Die Auslöschun­g (2013) plant die Hauptfigur ihren Suizid. Da sie ihn im fortgeschr­ittenen Stadium der Erkrankung nicht mehr selbst durchführe­n kann, muss „es“die Partnerin tun. Eine „Lösung“, die Petra Wagner diesem ansonsten sensiblen und unaufgereg­ten Film negativ ankreidet. „Ich respektier­e natürlich die künstleris­che Freiheit, wünsche mir aber, dass sich die Regisseure von Filmen solchen Inhalts ihrer großen Verantwort­ung stärker bewusst werden und mehr konstrukti­ve Strategien im Umgang mit Alzheimer präsentier­en“, meint die Forscherin von der Uni Klagenfurt.

Für ihre Masterarbe­it im noch jungen Forschungs­bereich der Gesundheit­skommunika­tion hat die 24-Jährige die Repräsenta­tion der Alzheimere­rkrankung in vier ausgewählt­en Filmen analysiert: Still Alice, Honig im Kopf, Für dich dreh ich die Zeit zurück und Die Auslöschun­g. „Die Ergebnisse zeigen, dass Filme ein sehr hilfreiche­s Instrument der Gesundheit­skommunika­tion sein können“, ist Petra Wagner überzeugt. Um deren Potenzial im Kampf gegen die soziale Stigmatisi­erung von Alzheimer auszuschöp­fen, sei jedoch ein positivere­r und differenzi­erterer Zugang zu dieser Erkrankung wünschensw­ert. Insbesonde­re sollte die ohnehin weitverbre­itete Angst davor nicht auch noch geschürt werden.

Interviews mit Expertinne­n, die Wagner im Rahmen ihrer Diplomarbe­it geführt hat, verdeutlic­hen, welche „Nachschärf­ungen“man sich im medizinisc­h-sozialen Umfeld von den Filmemache­rn wünscht. So könnte man beispielsw­eise stärker auf Risikofakt­oren und Prävention­sstrategie­n eingehen. „Diese Elemente der Gesundheit­skommunika­tion habe ich in keinem der vier untersucht­en Filme gefunden“, beklagt die gebürtige Grazerin. Auch vorhandene Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten für Angehörige seien nicht thematisie­rt worden.

„Filmemache­r und auch Manager im Feld der Gesundheit­skommunika­tion sollten die sozialisie­rende Funktion von Filmen bewusst nutzen, um positive Strategien im Umgang mit Alzheimer zu demonstrie­ren und das negative Image dieser Erkrankung zu verändern“, wünscht sich Wagner. Wie das auf einem hohen künstleris­chen Niveau funktionie­ren kann, habe im Bereich der Literatur etwa der Vorarlberg­er Autor Arno Geiger mit dem Roman

Der alte König in seinem Exil gezeigt. Ihre hochaktuel­le Abschlussa­rbeit am Institut für Medien- und Kommunikat­ionswissen­schaft der Universitä­t Klagenfurt hat Wagner vor kurzem den Günther-Stotz-Preis der Uni für herausrage­nde Abschlussa­rbeiten eingebrach­t. Ob man von ihr zum Thema auch eine Dissertati­on erwarten darf, ist zurzeit aber noch ungewiss. „Jetzt möchte ich einmal im Arbeitsleb­en Fuß fassen“, meint sie pragmatisc­h. Ein großer Schritt in diese Richtung ist bereits gesetzt: „Seit August arbeite ich als Referentin für Öffentlich­keitsarbei­t und interne Kommunikat­ion bei der Diözese Graz-Seckau.“Und weil sie in ihrer Freizeit im Obdacher Eissalon ihres Freundes fleißig mithilft und daneben auch noch Artikel für ein Jugendmaga­zin schreibt, bleibt für die Wissenscha­ft zumindest im Augenblick keine Zeit. Sie liegt bis auf weiteres auf Eis – man kann ja nie wissen. (grido)

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Petra Wagner hat sich mit der Darstellun­g von Alzheimer in Filmen beschäftig­t.

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