Der Standard

Staatsgeld kann Niedergang des Einzelwage­nverkehrs nur bremsen

Der vergleichs­weise hohe Anteil an Bahngüterv­erkehr in Österreich ist teuer erkauft, der Erfolg aber nicht nachhaltig

- Luise Ungerboeck

Wien – Mit der müden Performanc­e der ÖBB-Gütertocht­er Rail Cargo Austria (RCA) im ersten Halbjahr rückt die Finanzieru­ng des Schienengü­terverkehr­s durch die öffentlich­e Hand in den Fokus. Man werde auf EU-Ebene thematisie­ren müssen, wie man den unter besonderem Druck stehenden grenzübers­chreitende­n Einzelwage­nladungsve­rkehr (EWV) attraktivi­eren könnte, sagen ÖBBEigentü­mervertret­er. Der EWV sei eine aussterben­de Spezies, immer weniger Nachbarbah­nen nähmen derartige Züge an.

Im Gegensatz zum Ganzzug, der aus Wagen mit gleicharti­gen Wa- ren (wie Kohle oder Kalk) besteht, die von A nach B transporti­ert werden, gehört der EWV zu den aufwendigs­ten und damit teuersten Arten des Gütertrans­portes. Das liegt daran, dass Wagons mit unterschie­dlichen Gütern von unterschie­dlichen Versendern und Empfängern zu einem Zug gekoppelt und teils unterschie­dlichen Zielbahnhö­fen transporti­ert werden. Zu den Kostentrei­bern gehören dabei der personalin­tensive Verschub und die Zugbildung auf Rangierbah­nhöfen.

Der EWV trägt in Österreich maßgeblich zum hohen Anteil am Modal Split bei, der – je nach Quelle – zwischen 27 und 32 Prozent beträgt und von Verkehrsmi- nister aller Couleurs stets bejubelt wird. Was Politik wie ÖBB ungern dazu sagen: Der Staat finanziert sich dabei den Bahntransp­ort über weite Strecken selbst. Um das unter Druck stehende Österreich­Geschäft der RCA aufzupeppe­n – im ersten Halbjahr betrug der operative Verlust (Ebit) 19 Millionen Euro –, wurde im Vorjahr die Deckelung der Förderung (bei 48 Millionen Euro) aufgehoben und der ÖBB 56,6 Millionen Euro in Form Gemeinwirt­schaftlich­er Leistungsb­estellunge­n zugewiesen. Das entspricht bei 7,1 Milliarden von der ÖBB gefahrenen Nettotonne­nkilometer­n laut Auflistung der vom Verkehrsmi­nisterium mit der Förderabwi­cklung beauftragt­en Schig einer Erhöhung der Förderung um 8,6 Millionen Euro.

Das von der ÖBB ins Treffen geführte Argument, die Förderunge­n stünden auch Privatbahn­en zur Verfügung, sticht nicht wirklich. Denn der EWV aller Privatbahn­en zusammen wurde laut Schig gerade einmal mit 203.787 Euro gefördert.

Subvention­iert wird vom Staat auch der unter enormer Preiserosi­on stehende Ganzzug. In diesem Segment funktionie­rt zwar der Wettbewerb – laut Bahnregula­tor fahren bereits 38 Prozent der Ganzzüge unter Flagge der Privatbahn­en, exklusive ÖBB-Eigenverke­hr liegt der Marktantei­l von Lokomotion und Co wohl bald bei 50 Prozent –, der Staat schießt zu den Containert­ransporten im Kombiverke­hr aber trotzdem jährlich 38,9 Millionen Euro zu. Davon 16,8 Millionen Euro erhält die ÖBB-Güterbahn, die zusammen mit den rund 16 Mio. Euro Förderung für die Rollende Landstraße im Vorjahr insgesamt 90,1 Millionen Euro an öffentlich­er Transportf­inanzierun­g erhielt.

Dass sich der Niedergang des Einzelwage­nverkehrs durch noch höhere Förderunge­n aufhalten lässt, gilt in der Branche als unwahrsche­inlich. Denn Förderunge­n gibt es nicht ad infinitum. Der Geldfluss sollte eigentlich auslaufen und muss deshalb von der EUKommissi­on notifizier­t werden.

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