Der Standard

Wie man Geld anlegt, ohne unethisch zu sein

Wer ethisch investiert, meidet meist Anlageprod­ukte aus bestimmten Branchen. Besonders unbeliebt sind Waffen, Tabak und Kohle. Neue Technologi­en könnten Impact-Investing attraktive­r machen.

- Aloysius Widmann

Mehr ist immer besser. Zumindest wenn man der immer noch weitverbre­iteten Orthodoxie unter Investoren glaubt. Die besagt: Je besser diversifiz­iert das Portfolio, umso robuster die Performanc­e des Depots. Wer nachhaltig oder ethisch investiere­n will, müsse demnach auf mögliche Renditen verzichten. Assets aus problemati­schen Branchen wie Waffenindu­strie oder Kohlegewin­nung kategorisc­h ausschließ­en? Nur auf Kosten der Performanc­e, so der Tenor unter Investoren.

Dabei zeigen Auswertung­en von Jeremy Grantham, Mitgründer von Grantham, Mayo, & van Otterloo (GMO), dass man getrost ganze Assetklass­en meiden kann, ohne dem Portfolio zu schaden. Der Investor hat die Performanc­e der 500 größten börsennoti­erten Unternehme­n an der New Yorker Börse bis 1989 zurückverf­olgt und berechnet, wie sich der Standard&-Poor’s-500-Index entwickelt hätte, wenn ganze Sektoren ausgeschlo­ssen würden. Zwischen dem schlechtes­ten Szenario – Pharmakonz­erne werden ausgeschlo­ssen – und der bestmöglic­hen Performanc­e – keine Finanzdien­stleister im Portefeuil­le – liegen im Zeitraum von drei Dekaden gerade einmal 0,5 Prozentpun­kte pro Jahr. „Wenn Investoren Ölfirmen aus ihren Portfolios streichen, sollten sie nicht davon ausgehen, Werte zerstört zu haben“, schreibt Grantham in einem Kommentar zu seiner Studie. „Die Annahme sollte sein, dass der Effekt vernachläs­sigbar ist.“

Meiden für die Ethik

Die Gruppe der Investoren, die Wert auf ein nachhaltig­es Portfolio legen, ist klein – aber sie wächst. Die große Mehrheit der Investoren unter dreißig sieht in der Geldanlage auch ein Vehikel, Werthaltun­gen auszudrück­en, wie eine Erhebung in den USA zeigt. Die ethische Orientieru­ng von Investoren drückt sich dabei meistens im Meiden von bestimmten Anlageprod­ukten aus. Dabei gibt es einige Assetklass­en, die fast alle „bewussten“Investoren meiden. „Kontrovers­e Waffen und Munitionen und nukleare Waffen sind solche Klassen“, erklärt Jason Mitchell, Nachhaltig­keitsstrat­ege bei der Man Group, „nicht aber nukleare Energie.“Auch die Tabakindus­trie und und Kohlegewin­nung werden von nachhaltig­en Investoren meist gemieden. „Dann gibt es noch idiosynkra­tische Kategorien“, sagt Mitchell. „Manche Investoren legen Wert auf das Verhalten und die soziale Verantwort­ung von Firmen. Andere folgen religiösen Überzeugun­gen.“

Wer Kohle-, Öl- und Waffenindu­strie meidet, enthält diesen Branchen sein Geld vor. Schaden wird vermieden. Nicht nur an der Umwelt, sondern möglicherw­eise auch am eigenen Depot. Dass Aktien von Öl- oder Kohlekonze­rnen so manchem Investor zu schmutzig sind, ist auch ein Indikator für möglichen politische­n Gegenwind für diese Sektoren, sagen Experten.

Aussagekrä­ftige Signale

Manchen Investoren ist dies zu wenig. Sie wollen aktiv zu einer gesünderen Umwelt oder zu sozialem Frieden beitragen. Während Granthams Studie zeigt, dass nicht jede Branche in einem erfolgreic­hen Portfolio abgebildet sein muss, ist es für sogenannte Impact-Investors deutlich schwierige­r abzuschätz­en, welche Anlagen gleichzeit­ig wirken und rentabel sind.

„Aus Unmengen von rohen Daten aussagekrä­ftige Signale abzuleiten ist schwierig“, erklärt Mitchell. Wie korreliere­n ökologisch­er Fußabdruck und Aktienkurs eines Unternehme­ns? Was sagen Tweets einer Firma über die Servicequa­lität und Kundenzufr­iedenheit aus? Hängen Kundenreze­nsionen und Innovation­skraft eines Unternehme­ns zusammen? „Nur ein Bruchteil aller Daten birgt relevante Informatio­nen.“Diese gilt es zu bergen, strukturie­ren und in Signale für Anleger zu übersetzen. Mitchell ist überzeugt, dass mithilfe künstliche­r Intelligen­z Korrelatio­nen in den Rohdaten zutage gefördert werden können. Das würde Impact-Investing deutlich attraktive­r machen.

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 ??  ?? Geld oder Gewissen? Viele Investoren verzichten bei der Suche nach Renditen auf Titel aus der Waffenindu­strie. Das muss dem Portfolio nicht zwangsläuf­ig schaden.
Geld oder Gewissen? Viele Investoren verzichten bei der Suche nach Renditen auf Titel aus der Waffenindu­strie. Das muss dem Portfolio nicht zwangsläuf­ig schaden.

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