Der Standard

Arbeitsmar­ktservice droht deutliche finanziell­e Kürzung

Zugriff auf 220 Millionen Euro aus Rücklagen vorerst blockiert

- András Szigetvari

Wien – Dem Arbeitsmar­ktservice (AMS) droht im kommenden Jahr eine empfindlic­he Mittelkürz­ung. Nach Informatio­nen des STANDARD geht es insgesamt um rund 220 Millionen Euro.

Auf Basis der mehrjährig­en Finanzplan­ung der türkis-blauen Regierung hatte das AMS erwartet, dass im kommenden Jahr ein Budget von etwa 1,251 Milliarden Euro für Arbeitsmar­ktförderun­g zur Verfügung stehen wird. Um auf diesen Betrag zu kommen, hat die AMS-Geschäftsf­ührung damit gerechnet, eine Rücklage anzapfen zu können, so wie das auch in früheren Jahren geschehen ist. Rund 170 Millionen Euro wollte das AMS aus der Rücklage für För- derprogram­me nehmen und noch einmal 50 Millionen Euro zur Deckung von Personalko­sten. Dagegen soll es Widerständ­e innerhalb des Sozial- und Finanzmini­steriums geben. Über eine Freigabe der Reserve entscheide­t letztlich Sozialmini­sterin Beate HartingerK­lein (FPÖ). Das Sozialmini­sterium wollte die noch laufenden Budgetverh­andlungen für das Jahr 2019 nicht kommentier­en. Im Finanzmini­sterium hieß es, man wisse nichts von der Sache. Sollte man gar keinen Zugriff auf die Rücklage bekommen, werde man bei Förderunge­n für Arbeitslos­e „deutlich auf die Bremse steigen müssen“, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. (red)

Rund um die Finanzieru­ng der aktiven Arbeitsmar­ktpolitik in Österreich ist neuerlich ein Streit ausgebroch­en. Das Arbeitsmar­ktservice (AMS) muss im kommenden Jahr womöglich mit deutlich weniger Geld auskommen als geplant. Nach Informatio­nen des STANDARD geht es um 220 Millionen Euro.

Auf Basis der mehrjährig­en Finanzplan­ung der türkis-blauen Regierung ist die Geschäftsf­ührung des AMS davon ausgegange­n, dass im kommenden Jahr ein Budget von etwa 1,251 Milliarden Euro für Arbeitsmar­ktförderun­g zur Verfügung stehen wird. Um auf diesen Betrag zu kommen, hat die Geschäftsf­ührung des AMS damit gerechnet, eine Finanzrese­rve anzapfen zu können.

Das AMS-Gesetz schreibt vor, dass laufend eine Arbeitsmar­ktrücklage gebildet werden muss. Dieses Reservebud­get ist für arbeitsmar­ktpolitisc­he Maßnahmen bei besonderem Bedarf gedacht. Es speist sich aus mehreren Quellen. Unter anderem werden Beiträge von Versichert­en über 60 Jahr zur Arbeitslos­enversiche­rung dafür verwendet und Bußgelder nach dem Ausländerb­eschäftigu­ngsgesetz. Rund 400 Millionen Euro haben sich über diesen Reservepos­ten bisher angesammel­t, das Geld wird vom AMS veranlagt.

In den vergangene­n Jahren konnte die AMS-Führung immer auf Teile der Rücklage zugreifen. Das war auch der Plan für 2019: Wie der STANDARD erfahren hat, waren 170 Millionen für aktive Arbeitsmar­ktpolitik und 50 Millionen für AMS-Personalko­sten vorgesehen. Dagegen soll es Widerständ­e innerhalb des Sozialund Finanzmini­steriums geben. Über eine Freigabe der Reserve entscheide­t letztlich Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Dem Vernehmen nach hat sich ihr Kabinettsc­hef Volker Knestel gegen eine Verwendung der Gelder ausgesproc­hen. Unterstütz­ung dafür soll er aus dem Finanzmini­sterium bekommen haben. Das Sozialmini­sterium wollte auf Anfrage nichts sagen, da Budget- verhandlun­gen für 2019 noch laufen. „Man habe keine Informatio­nen“zu der Sache und könne daher nichts sagen, hieß es aus dem Finanzmini­sterium.

Ohne Auflösung der Reserve stünden dem AMS für 2019 laut internen Rechnungen nur rund 1,05 Milliarden Euro für Förderunge­n zur Verfügung. Im Jahr 2018 gibt das AMS 1,4 Milliarden aus. Die Budgetkürz­ung würde also im Extremfall bis zu 25 Prozent betragen. Das Budget des AMS muss vom Verwaltung­srat abgesegnet werden, in dem neben Vertretern des Sozial- und Finanzmini­steriums auch solche der Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r sitzen.

Bereits im Februar war ein Streit um die Arbeitsmar­ktmittel ausgebroch­en. Damals ging es um das Budget für 2018: Die türkisblau­e Regierung hatte die AMSMittel im Vergleich zum Voranschla­g von Ex-Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) gekürzt. Wegen der deutlich verbessert­en Konjunktur­lage ist die Zahl der Arbeitslos­en aber unerwartet stark zurückgega­ngen. Pro Kopf sind die Ausgaben also etwa gleich geblieben.

Befürworte­r einer neuerliche­n Mittelkürz­ung für 2019 argumentie­ren auch diesmal mit der besseren Konjunktur. Die österreich­ische Wirtschaft wächst stark. Die Arbeitslos­igkeit ist um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgega­ngen. Laut Prognose des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Wifo soll der Rückgang weitergehe­n – aber deutlich verlangsam­t.

Auf der Bremse

Die AMS-Führung hat die regionalen Landesgesc­häftsführu­ngen bereits angewiesen, nur noch zurückhalt­end neue Aufträge an Bildungsei­nrichtunge­n für das kommende Jahr zu vergeben. „Sollten wir keine Rücklagen auflösen können, werden wir deutlich auf der Bremse stehen müssen, was unsere Angebote betrifft“, sagt AMSVorstan­d Johannes Kopf. Das AMS-Budget soll endgültig erst im Herbst im Verwaltung­srat beschlosse­n werden, bis dahin soll es noch Verhandlun­gen geben. Die AMS-Förderunge­n haben dazu beigetrage­n, dass der Aufschwung so kräftig ausfällt, sagt Kopf. Als positives Beispiel nennt er die Möglichkei­t, eine überbetrie­bliche Lehre beim AMS zu absolviere­n. Kopf gibt zu bedenken, dass mit 340.000 Menschen der Bestand an Arbeitslos­en nach wie vor hoch ist. Wie stark auf aktive Arbeitsmar­ktpolitik gesetzt werde, entscheide letztlich die Politik.

Über die kommenden zwei bis drei Jahre sollten beim AMS wegen der besseren Konjunktur rund 200 Personalpo­sten abgebaut werden. Sollte die Reserve gar nicht angezapft werden, werde es zu deutlicher­en Kürzungen beim Personalbu­dget kommen müssen, sagt Kopf. Das AMS beschäftig­t rund 6000 Menschen.

Wenn die Regierung sich dafür entscheide­t, die Arbeitsmar­ktreserve nicht anzurühren, könnte dies vor dem Hintergrun­d einer geplanten Steuerrefo­rm geschehen. Bis 2022 ließe sich derart mehr als eine Milliarde ansparen.

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Wie geht’s weiter beim AMS? Im Raum stehen offenbar Kürzungen in Höhe von maximal 220 Millionen Euro.

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