Geheime Promieinbürgerungen
Innenministerium prüft Veröffentlichung der Namen
Wien – Die Regierung prüft derzeit, ob die Namen jener Personen, denen die Staatsbürgerschaft im Eilverfahren verliehen wird, künftig veröffentlicht werden sollen. Vergangenes Jahr wurde eine entsprechende Liste publiziert. Im Innenministerium wird nun aber argumentiert, dass dafür 2017 die Zustimmung jedes einzelnen Betroffenen eingeholt wurde. Es sei unklar, ob diese Vorgehensweise durch die neue Datenschutzverordnung noch möglich ist. Grundsätzlich stehe einer Veröffentli- chung nichts im Wege, insofern das die „einhellige Meinung der Bundesregierung“sei.
Formell verliehen wird die Staatsbürgerschaft an Prominente aus Kunst, Wirtschaft, Sport und Wissenschaft von den Landesregierungen, die Bundesregierung muss aber bestätigen, dass „besonderes Interesse der Republik“gegeben ist. Experten orten bei Intransparenz Korruptionsgefahr. Die Liste Pilz will nun eine parlamentarische Anfrage stellen. (red)
Im Jahr 2006 bekam der Dekan der juridischen Fakultät Wien Besuch aus China. Ein Geschäftsmann aus Hongkong und sein österreichischer Berater standen vor dem Büro von Heinz Mayer, dem heute emeritierten Verfassungsrechtler. Zehn Millionen Euro hätten ihm die beiden geboten, erzählt der Jurist. Fürs Institut. Mayer persönlich sei darüber hinaus eine Art Vermittlungsprovision in Aussicht gestellt worden. Die Gegenleistung? Ein Schreiben, in dem die Fakultät bestätigt, dass die Republik ein besonderes Interesse daran habe, dass der Chinese eine österreichische Staatsbürgerschaft erhält. Wofür, habe Mayer nachgefragt. Er wolle in Europa investieren, vor allem auch in die Forschung in Österreich, soll der Geschäftsmann erklärt haben. Mayer lehnte ab. Danach habe er nie wieder etwas von dem Mann gehört.
303 Einbürgerungen seit 2006
Ein Einzelfall? Wohl kaum. Die österreichische Staatsbürgerschaft ist grundsätzlich an zahlreiche Bedingungen geknüpft und nicht einfach zu bekommen (siehe Wissen). Es gibt allerdings eine Ausnahme: die Verleihung „im besonderen Interesse der Republik“im Eilverfahren – landläufig als Promistaatsbürgerschaft bekannt. Zwischen 2006 und 2017 sind 303 solche Einbürgerungen erfolgt. Die rot-schwarze Vorgängerregierung hatte die Liste der ausgestellten Staatsbürgerschaften für Personen aus den Bereichen Wirtschaft, Sport, Wissenschaft und Kultur veröffentlicht. Wie die Plattform Addendum herausgefunden hat, will Türkis-Blau diesbezüglich nun aber wieder Diskretion walten lassen – zumindest vorerst.
Experten wie jene der Organisation Transparency International warnen seit langem, dass Promieinbürgerungen Korruption Tür und Tor öffnen. Das bekannteste Beispiel für Missbrauch ist die Part-of-the-Game-Affäre um den freiheitlichen Kärntner Ex-Landesrat Uwe Scheuch: Auf einer Tonbandaufnahme ist zu hören, wie Scheuch die Verleihung der Staatsbürgerschaft für einen russischen Investor als Teil eines Gesamtpakets aus Investition und Parteispende in Aussicht stellt. Ein österreichischer Pass sei „no na net part of the game“, sagt der Politiker im Gesprächsmitschnitt.
Prominente Beispiele für Österreicher „im besonderen Interesse der Republik“sind die russische Sopranistin Anna Netrebko, Opernstar Cecilia Bartoli und der Autor Ulrich Bree. „Es gibt aber auch viele halbseidene Geschäftsleute, die eine österreichische Staatsbürgerschaft wollen“, sagt der Verfassungsjurist Mayer. „Schließlich ist man dann auch Unionsbürger mit allen Rechten.“
Datenschutz werde geprüft
Das Innenministerium argumentiert, dass die gesetzliche Grundlage fehle, um die Namen der Promistaatsbürger zu veröffentlichen. Vergangenes Jahr sei die Basis eine Ausnahmeregelung gewesen, für die von jedem Betroffenen eine Zustimmungserklärung eingeholt wurde. Diese Vorgangsweise müsse durch die neue Datenschutzverordnung nun aber geprüft werden. An sich stünde einer Veröffentlichung „nichts im Wege“, erklärt ein Sprecher des Ressorts. Insofern das die „einhellige Meinung der Bundesregierung“sei. Eine verpflichtende Veröffentlichung ist gesetzlich derzeit nicht vorgesehen, erst seit 2014 gibt es überhaupt Kriterien für Promistaatsbürgerschaften.
Rechtsexperte Mayer kann die Bedenken der Regierung jedenfalls nicht nachvollziehen: „Wenn die Verleihung im besonderen Interesse der Republik erfolgt, warum sollte das die Republik dann nicht erfahren dürfen?“Eine amtliche Geheimhaltung müsse darüber hinaus begründet werden, sagt Mayer. Der Verfassungsjurist stellt aber auch ganz generell infrage, was der Staat von solchen Einbürgerungen habe: „Eine Frau Netrebko kann einfacher einreisen und hat auch sonst ein paar Privilegien, Vorteile für die Republik fallen mir keine ein.“
Parteigründer Peter Pilz hat inzwischen eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) angekündigt, in der er die Offenlegung aller im Eilverfahren verliehenen Staatsbürgerschaften seit 2000 verlangt. Auch die SPÖ fordert Transparenz.