Trump fordert einmal mehr sofortiges Ende der Russland-Ermittlungen
Das soziale Netzwerk vermutet hinter dutzenden gefälschten Accounts den Versuch, die US-Kongresswahlen im November zu manipulieren. Die US-Demokraten beschuldigen Russland.
Washington – Der Prozess gegen seinen ehemaligen Wahlkampfmanager Paul Manafort hatte kaum begonnen, da zeigte Donald Trump am Mittwoch schon Nerven: Über Twitter forderte der USPräsident seinen Justizminister Jeff Sessions erneut auf, die Ermittlungen von FBI-Sonderermittler Robert Mueller zur RusslandAffäre zu stoppen. Sessions – er ist formal gar nicht zuständig, weil befangen – solle „diese manipulierte Hexenjagd unverzüglich stoppen, bevor sie unser Land weiter beschmutzt“, wetterte Trump.
Unterdessen deckte das soziale Netzwerk Facebook Internetaktivitäten zur Manipulation der Teilkongresswahl im kommenden November auf und sperrte dutzende Konten. (red)
Das soziale Netzwerk Facebook sorgte in letzter Zeit vor allem für Negativschlagzeilen. Insbesondere der Datenskandal um Cambridge Analytica machte dem Unternehmen schwer zu schaffen. Nun hat Facebook offenbar einen koordinierten Versuch aufgedeckt, mit gefälschten Profilen die öffentliche Meinung vor den US-Kongresswahlen im Herbst zu manipulieren. 32 Profile und Seiten auf Facebook und Instagram wurden geschlossen.
Frage: Um welche Seiten geht es? Antwort: Bei den gesperrten Accounts soll es sich um acht Facebook-Seiten, 17 Profile und sieben Instagram-Profile handeln. Das Älteste wurde im März 2017 erstellt, das Jüngste im Mai 2018. Die meisten Follower hatten die Seiten „Aztlan Warriors“, „Black Elevation“, „Mindful Being“und „Resisters“.
Frage: Welche Reichweite hatten diese Seiten? Antwort: Mehr als 290.000 Accounts folgten Facebook zufolge mindestens einer dieser Seiten. Sie verbreiteten mindestens 9500 Postings auf Facebook und schalteten 150 Anzeigen für rund 11.000 US-Dollar (9400 Euro). Die betreffenden Seiten hätten rund 30 Veranstaltungen seit Mai 2017 erstellt, von denen die größte 4700 Interessenten und 1400 zu erwartende Teilnehmer hatte.
Frage: Was genau wird ihnen vorgeworfen? Antwort: Sie sollen sich an koordinierten Versuchen der Manipulation beteiligt haben; konkret wirft Facebook ihnen vor, das „Verbot von koordiniertem, unauthentischem Verhalten“verletzt zu haben. Über die Profile und Seiten sei gezielt versucht worden, die Kongresswahlen im November zu beeinflussen. Koordinierte Aktivität hätte es etwa um den rechtsextremen Aufmarsch „Unite The Right“oder #AbolishICE gegeben – ein Hashtag, unter dem zur Abschaffung der US-Einwanderungsbehörde aufgefordert wurde.
Die mittlerweile geschlossene Seite „Resisters“erstellte etwa eine Protestveranstaltung gegen einen „Unite the Right“-Aufmarsch in Washington.
Frage: Wie entdeckt Facebook solche Kampagnen? Antwort: Facebook hat dank langer Untersuchungen genaue Informationen darüber, welche Konten sich an der Manipulationskampag- ne zur US-Präsidentschaftswahl beteiligt haben. Diese Accounts waren jetzt wieder aktiv, teilweise gibt es Verbindungen zu den gesperrten Seiten. Zur Identifizierung von Fake-Accounts setzt Facebook auch auf künstliche Intelligenz, um etwa auffällige Aktivitätsmuster festzustellen.
Frage: Wer steckt dahinter? Antwort: Das lässt sich noch nicht genau sagen. Facebook erklärte, dass die Kampagne Ähnlichkeiten zum Vorgehen der sogenannten russischen Trollfabrik Internet Research Agency (IRA) aufweise – dem Propagandaunternehmen, das bereits den Präsidentschaftswahlkampf 2016 massiv beeinflusst haben soll.
Auch Verbindungen zwischen den im vergangenen Jahr geschlossenen IRA-Konten und den aktuell geschlossenen Accounts seien gefunden worden – so soll ein Profil, das der IRA zuzuordnen ist, sieben Minuten lang KoAdministrator einer nun blockierten Facebook-Seite gewesen sein. Die Beweise seien aber nicht „stark genug, um öffentlich die IRA verantwortlich zu machen“, hieß es in einer Stellungnahme von Facebook-Sicherheitschef Alex Stamos. Frage: Was sind die Unterschiede zu den Angriffen im Wahlkampf 2016? Antwort: Im aktuellen Fall sind die Betreiber weitaus sorgfältiger vorgegangen und haben ihre Spuren besser verwischt als die IRA im Jahr 2016. Die Accounts nutzten etwa VPN-Netzwerke, die ihre Herkunft verschleierten, und auch Drittanbieter, die für sie Werbungen schalteten. Ein weiterer Unterschied zum Wahlkampf 2016: Bei den IRA-Accounts wurden damals auch russischen IPAdressen entdeckt – obwohl sich diese leicht manipulieren lassen. Bei den jetzt geschlossenen Seiten und Profilen war das laut Facebook nicht der Fall.
Frage: Wie reagierten die Politiker in den USA auf die Vorwürfe? Antwort: Vom Weißen Haus hieß es am Dienstag, dass die Regierung „keinen ausländischen Einfluss“auf die Wahl tolerieren werde. USPräsident Donald Trump selbst forderte von Justizminister Jeff Sessions die Einstellung der RusslandErmittlungen (siehe Seite 4). Die US-Demokraten übten scharfe Kritik und machten Russland verantwortlich. Ausländische Akteure würden „dasselbe Skript wie 2016 benutzen“, beklagte Adam Schiff, führender Demokrat im Geheim- dienstausschuss des Repräsentantenhauses. „Sie spalten uns anhand politischer und ideologischer Linien, um unserem demokratischen System zu schaden.“
Frage: Könnten in Europa ähnliche Angriffe drohen? Antwort: Ja. EU-Sicherheitskommissar Julian King forderte alle Mitgliedstaaten etwa am Mittwoch auf, „die Bedrohung der demokratischen Prozesse und Institutionen durch Cyberangriffe und Desinformationen ernst zu nehmen“. Vor der Europawahl im Mai 2019 müssten „nationale Pläne zur Vorbeugung“erstellt werden.
Frage: Wie kann man sich vor solchen Angriffen denn schützen? Antwort: Für reguläre User ist es hilfreich, sich vor dem Teilen von Informationen über deren Urheber zu informieren. So kann man Organisationen, die sich auf Facebook präsentieren, etwa auf Google suchen, um festzustellen, ob sie auch in etablierten Medien vorkommen oder mit anderen bekannten Institutionen kooperieren. Für Journalisten und Politiker ist es besonders wichtig, Informationen aus dem Netz zu prüfen, bevor sie diese verbreiten. pUS- Reaktionen auf dSt.at/USA