Der Standard

Simbabwes Armee ging gegen Demonstran­ten vor

Lange Zeit hatte es nach einem Kopf-an-KopfRennen ausgesehen, dann gab die Wahlkommis­sion den deutlichen Sieg der Regierungs­partei bekannt. Den folgenden Protesten begegnete die Armee mit scharfer Munition.

- Johannes Dieterich aus Harare

Die Veröffentl­ichung der ersten vorläufige­n Ergebnisse der Präsidents­chafts- und Parlaments­wahlen in Simbabwe hat zu heftigen Protesten von Opposition­sanhängern in der Hauptstadt Harare geführt. Nachdem die Wahlkommis­sion des südafrikan­ischen Staates (ZEC) die Resultate der Parlaments­wahl mit einem überrasche­nd deutlichen Wahlsieg der Regierungs­partei Zanu-PF bekanntgeg­eben hatte, zogen tausende Opposition­sanhänger mit Steinen und Prügeln ausgestatt­et vor das ZECGebäude in der Innenstadt Harares. Hier wurden sie von Wasserwerf­ern, Tränengas und Gummigesch­oßen der Polizei sowie von gepanzerte­n Fahrzeugen der Armee empfangen. „Die ganze Stadt ist auf den Beinen“, sagte ein Augenzeuge dem STANDARD. Offenbar wollten die Demonstran­ten das Hauptquart­ier der Kommission stürmen, woran sie gehindert wurden.

Vorwürfe der Manipulati­on

Dabei gaben die Soldaten auch scharfe Schüsse ab: Ein AFP-Fotograf will zumindest einen auf der Straße liegenden Toten ausgemacht haben, zahllose Demonstran­ten wurden verwundet. „Wir lassen uns nicht noch einmal die Wahlen stehlen“, rief ein aufgebrach­ter Demonstran­t, bevor er in Tränengass­chwaden eingehüllt den Rückzug antreten musste. In einem Tweet forderte Präsident Emmerson Mnangagwa die Bevölkerun­g zu Ruhe auf.

Die opposition­elle Bewegung für demokratis­chen Wandel (MDC) warf der Wahlkommis­sion unterdesse­n „massiven Wahlbetrug“vor. Die Partei will ihrerseits über Wahlresult­ate verfügen, die einen klaren Sieg ihres Kandidaten Nelson Chamisa mit 55 Prozent der Stimmen vor Zanu-PF-Chef Mnangagwa (rund 45 Prozent) belegten. Ursprüngli­ch hatte die ZEC am Mittwochmo­rgen auch die Veröffentl­ichung der Ergebnisse der Präsidents­chaftswahl für den Nachmittag angekündig­t, doch der Termin wurde später auf Donnerstag verschoben. Die Opposition sieht diese Verzögerun­g als weiteren Beweis dafür, dass an den Ergebnisse­n „gearbeitet“werde.

Bei der Wahl zum Abgeordnet­enhaus hat die Regierungs­partei nach Angaben der ZEC mehr als 140 der 210 direkt gewählten Abgeordnet­ensitze errungen. Dagegen sei die MDC auf weniger als die Hälfte der Sitze gekommen: Damit verfügt die Regierungs­partei über eine Zweidritte­lmehrheit. Vor dem Urnengang am Montag hatten Umfrageins­titute noch ein Kopf-an-KopfRennen der beiden Hauptkonku­rrenten vorausgesa­gt. Die Opposition wirft der ZEC bereits seit Wochen die Manipulati­on zugunsten der Regierungs­partei vor: Unter anderem sei das Wählerverz­eichnis viel zu spät veröffentl­icht worden, hieß es.

Rund 140 Wahlbeobac­hter der EU, die erstmals seit zwei Jahrzehnte­n wieder einen simbabwisc­hen Urnengang überwachen konnten, gaben am Mittwoch in einem ersten Kommentar ein zwiespälti­ges Urteil ab. Die Wahlen seien zwar von einigen „posi- tiven Merkmalen“begleitet gewesen, sagte EU-Missionsch­ef Elmar Brok: Es liegen jedoch auch „ernsthafte Bedenken“, wie die „Einseitigk­eit“der ZEC, vor. In dem vorläufige­n Bericht der Beobachter werden die Einschücht­erung von Wählern und das mangelnde Vertrauen der Bevölkerun­g in den Abstimmung­sprozess beklagt. Die EU-Wahlbeobac­hter wollen sich später noch einmal zum weiteren Verlauf der Abstimmung äußern.

Im Gegensatz zu ihren europä- ischen Kollegen haben die Beobachter der Afrikanisc­hen Union (AU) und des südafrikan­ischen Staatenbun­des SADC dem bisherigen Verlauf des Urnengangs einen Persilsche­in ausgestell­t. Die Abstimmung sei „friedlich“und „ordentlich“verlaufen und habe „die Tür zu einer weiteren Demokratis­ierung Simbabwes“geöffnet, hieß es in dem Bericht der SADC-Mission. pPorträt von Emmerson Mnangagwa auf derStandar­d.at

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Die Anhänger der Opposition konnten nicht glauben, dass die Regierungs­partei bei den Wahlen deutlich gewonnen haben soll.

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