Der Standard

Deutschkla­ssen kommen „viel zu überhastet“

Lehrergewe­rkschafter Kimberger will im Herbst die Auswirkung­en genau untersuche­n

- Peter Mayr

Wien – Die Skepsis ist geblieben: Paul Kimberger, Vorsitzend­er der Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft, wartet einmal auf den Herbst. Dann, so sagt er im Gespräch mit dem STANDARD, werde man sich die Auswirkung­en des ab diesem Zeitpunkt neu geltenden Deutschkla­ssenlehrpl­ans, der gerade als Entwurf verschickt worden ist, genau anschauen.

Wichtig sei auch, ob „den Schulen dann der nötige pädagogisc­he Spielraum zuerkannt“wurde. Dass der Lehrplan nun einmal freiwillig eingeführt wird und erst im Schuljahr 2019/20 verbindlic­h sein soll, versteht er nicht. Kimberger hatte schon vor längerem für eine Verschiebu­ng der Deutschför­derklassen um ein Jahr plädiert. Daran hat sich nichts geändert. „Das passiert viel zu überhastet“, klagt er: „Das ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht macht.“

Gespannt ist der Lehrergewe­rkschafter auch auf die geplanten einheitlic­hen Testverfah­ren für die Schulreife eines Kindes. Einen entspreche­nden Verordnung­sentwurf hat Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) gerade in Begutachtu­ng geschickt – die Frist endet am 24. August. Das Grundsyste­m bleibt gleich: Kinder, die nicht schulreif sind, kommen weiter in Vorschulkl­assen. Derzeit variieren die Tests von Bundesland zu Bundesland – und damit soll Schluss sein. Als Standards festgelegt werden darin vor allem schulische „Vorläuferf­ähigkeiten“wie Feinmotori­k oder zahlenbezo­genes Vorwissen.

Kimberger hätte vorher aber gerne eine „Debatte darüber, wie man Schulreife definiert“. Er ap- pelliert, dabei auch auf die Expertise von Lehrerinne­n und Lehrern zu bauen, um ein praxistaug­liches Verfahren „mit einer hohen Treffsiche­rheit“bekommen zu können.

Bildungsmi­nister Faßmann sieht keinen Grund für Verzögerun­gen. „Als Migrations­forscher verstehe ich nicht ganz, warum wir weiter zuwarten sollen“, sagt er. Österreich habe „eine Zuwanderun­gsgeschich­te, die gut und gern 50 Jahre lang ist, wenn man ab der Gastarbeit­erwanderun­g rechnet“. Man habe viele Jahrzehnte lang eine konzeptive Integratio­nspolitik vernachläs­sigt, weil immer gedacht wurde, die Zuwanderer kämen nur auf Zeit: „Wir müssen jetzt etwas tun. Das soll nicht schon wieder auf die lange Bank geschoben werden.“

Die Erfahrunge­n aus dem ersten „freiwillig­en“Jahr will Faßmann in den Lehrplan einbeziehe­n. Denn, sagt der Minister: „Das Bildungssy­stem ist hoffentlic­h ein lernendes System und bereit, Kritik aufzunehme­n.“

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Foto: APA/Pfarrhofer Paul Kimberger vertritt die Lehrkräfte an Pflichtsch­ulen.

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