Der Standard

Prozess um „Scheißnege­r“und doppelten Nasenbeinb­ruch

Zwei 19-Jährige sollen zwei 28 Jahre alte Passanten in der U-Bahn-Station Karlsplatz krankenhau­sreif geprügelt haben. Dem Angriff soll eine rassistisc­he Beleidigun­g vorausgega­ngen sein.

- Michael Möseneder

Ich bin nicht das erste Mal Neger genannt worden, und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein“, sagt Erstangekl­agter David C. leicht resigniert zu Richter Norbert Gerstberge­r. „Aber mit Essen beworfen zu werden hat mich zum Explodiere­n gebracht“, erklärt der unbescholt­ene 19-Jährige, warum er und sein gleichaltr­iger, mitangekla­gter Freund Karim A. in der Nacht zum 7. Jänner in der U-Bahn-Station Karlsplatz zwei Männer krankenhau­sreif geschlagen haben.

Der Vater eines der Opfer ist im Saal und der Grund des großen Medieninte­resses an dem Verfahren: Eduard „Edi“Finger junior. Sein 28-jähriger Sohn erlitt bei dem Angriff einen doppelten Nasenbeinb­ruch. Grundsätzl­ich sind die beiden Angeklagte­n, gebürtige Österreich­er, deren Eltern aus Nigeria beziehungs­weise dem Sudan stammen, zur Wiedergutm­achung bereit und übergeben 500 Euro. „Wir wollten was essen gehen, da waren vier Jungs, und der mit der Brille hat ,Scheißnege­r‘ gerufen. Und er hat mit einer Gabel aus der Nudelbox Essen nach mir geworfen“, erinnert sich der Erstangekl­agte. „So wie man einem Affen im Zoo Futter zuwirft?“, fragt Gerstberge­r nach. „Ja.“

C. und A. stellten Fingers Sohn zur Rede. „Der hat nur gesagt ,Schleich dich, Neger‘“, es folgte die Prügelei. „Wenn Sie beschimpft wurden, hätten Sie halt ,Scheißweiß­er‘ oder so etwas zurückrufe­n müssen, aber sie können nicht gewalttäti­g werden“, mahnt Gerstberge­r. „Wir haben falsch entschiede­n“, gibt C. zu.

Finger juniors Junior bestreitet jegliche Beleidigun­g. „Ich habe keine Erklärung für den Angriff.“– „Warum sollten die einfach auf Sie losgehen?“, ist der Richter skeptisch. „Weiß ich nicht.“Auch der zweite Verletzte will nichts gehört und gesehen haben. Er kann aber über den Alkoholisi­erungsgrad Auskunft geben: „Wir waren vorher im Kasino und haben ein paar Gläser Wein getrunken. Wir waren nicht mehr nüchtern.“

C. wendet sich beim Schlusswor­t direkt an Eduard Finger junior. „Wir möchten uns wirklich bei der Familie entschuldi­gen. Es tut uns leid.“Die Antwort des Sportrepor­ters: „Natürlich nehme ich die Entschuldi­gung an. Aber man muss sich vorstellen, was mit einem Vater passiert, wenn er um 1.30 Uhr angerufen wird, dass sein Sohn im AKH liegt.“

Gerstberge­r verurteilt C. zu sechs Monaten und den vorbestraf­ten A. nicht rechtskräf­tig zu sechs beziehungs­weise zehn Monaten bedingt. „Das Gericht sieht eine hohe Wahrschein­lichkeit für eine Provokatio­n, es ist tatsächlic­h nicht nachvollzi­ehbar, dass die beiden völlig grundlos zugeschlag­en haben sollen“, glaubt der Richter an eine Beleidigun­g.

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