Der Standard

Intranspar­enz ist „part of the game“

Es darf kein Geheimnis sein, wer im Interesse der Republik eingebürge­rt wird

- Günther Oswald

Es ist vor allem der FPÖ zu verdanken, dass die Verleihung von Staatsbürg­erschaften an Prominente noch immer mit einer gehörigen Portion Skepsis betrachtet wird. Im Prozess gegen den früheren Kärntner Landesrat Uwe Scheuch wurde im Jahr 2012 publik, auf welcher Basis die Freiheitli­chen bis dahin mitunter über die Vergabe von Pässen entschiede­n. „No na net“sei es „part of the game“, dass ein russischer Investor zum Österreich­er werden kann, wenn er ein paar Millionen Euro investiere und einen Teil davon an die Partei abliefere, erzählte Scheuch in einem mitgeschni­ttenen Gespräch, das ihm eine rechtskräf­tige Verurteilu­ng einbrachte.

In Kärnten war das kein Einzelfall. Jörg Haider verhalf seinerzeit zwei anderen russischen Investoren zur Einbürgeru­ng, weil diese den Kärntner Rennfahrer Patrick Friesacher sowie einige Landesproj­ekte mit 1,9 Millionen Euro sponserten. Ein Teil des Geldes wurde, wie 2013 im Prozess gegen einen früheren Haider-Mitarbeite­r herauskam, in bar an den Landeshaup­tmann übergeben. Für eine Verurteilu­ng des Mitarbeite­rs reichte das nicht, der bereits 2008 verstorben­e Haider konnte naturgemäß nicht mehr angeklagt werden. ie blauen Verfehlung­en haben sicher zu einer stärkeren Sensibilis­ierung beigetrage­n. Seit ein paar Jahren gibt es immerhin – auf Betreiben des heutigen Kanzlers Sebastian Kurz – konkrete Kriterien, auf deren Basis entschiede­n wird, ob ein „besonderes Interesse der Republik“vorliegt. Bis zu einem gewissen Grad bleibt die Entscheidu­ng aber immer eine Ermessensf­rage der Politik.

Wann werden Arbeitsplä­tze „in einem relevanten Ausmaß“geschaffen, wie lautet eine Voraussetz­ung für die außertourl­iche Einbürgeru­ng von Wirtschaft­streibende­n? Wann ist das Schaffen von Wissenscha­ftern mit einer „hohen Reputation in der internatio­nalen Scientific Community“verbunden? Wann muss ein Sportler eingebürge­rt werden, weil kein „vergleichb­arer österreich­ischer Leistungss­portler zur Verfügung“steht? Und welche wissenscha­ftliche, wirtschaft­liche, sportliche oder künstleris­che Leistung erbringt man eigentlich bei der Kronen Zeitung, die es rechtferti­gt, dass einer ihrer Journalist­en im Vorjahr im Eilverfahr­en den österreich­ischen Pass bekam?

DDie Öffentlich­keit hat ein Recht darauf, auf all diese Fragen eine Antwort zu bekommen. Daher sollte es im Jahr 2018 eine Selbstvers­tändlichke­it sein, dass sowohl die Namen aller prominente­n Neostaatsb­ürger als auch die Begründung für die staatspoli­tische Relevanz veröffentl­icht werden.

Als es darum ging, die Gebühren für Beantragun­g und Verleihung der österreich­ischen Staatsbürg­erschaft drastisch nach oben zu schnalzen, verwies die türkis-blaue Regierung darauf, dass diese ein „hohes Gut“sei und man daher ruhig etwas mehr verlangen könne. Mit Juli wurde die Abgabe daher von 977 auf 1115 Euro angehoben. Das spüren vor allem Normalster­bliche.

Ein „hohes Gut“sollte die Staatsbürg­erschaft natürlich aber auch für die Reichen und Schönen sein. Daher sollte es zulässig sein, im Gegenzug für das dramatisch abgekürzte Verfahren das Einverstän­dnis zur Veröffentl­ichung ihrer Daten zu verlangen. Wer damit ein Problem hat, kann sich noch immer für die konvention­elle Passbeantr­agung entscheide­n. Das öffentlich­e Interesse an Transparen­z sollte jedenfalls schwerer wiegen als das von Politikern behauptete besondere Interesse der Republik.

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