Der Standard

KOPF DES TAGES

Ex-Rennfahrer im Porzellanl­aden

- Aloysius Widmann

Als Kolumbus Richtung Westen segelte, wurde in Gmunden bereits Keramik bemalt. Nun hat das 1492 erstmals urkundlich erwähnte Traditions­unternehme­n, das für blumige und wellige Designs sowie farbige Punkte steht, einen neuen Besitzer, dessen bisherige Karriere einem Menschen der Renaissanc­e kaum zu erklären wäre: erst Rennfahrer, dann Tankstelle­nbetreiber.

Markus Friesacher, nicht zu verwechsel­n und nicht verwandt mit dem Ex-Formel-1-Fahrer Patrick Friesacher, fuhr in der Formel 3. Bei fast vierzig Antritten schaffte er es einmal unter die ersten drei. Auch RedBull-Chef Dietrich Mateschitz als Unterstütz­er und Ralf Schumacher als Freund waren für den nun 43-jährigen Abkömmling einer Salzburger Gastronome­nfamilie zu wenig, um den Sprung in die Formel 1 zu schaffen.

Besser lief es für den Vater von zwei Kindern und Hobbylandw­irt als Unternehme­r. Nach der Rennkarrie­re arbeitete er im elterliche­n Betrieb in Anif. 2009 hat Friesacher begonnen, auf Hofer-Parkplätze­n billigen Treibstoff zu verkaufen, 2010 stieg die Signa Holding des Tirolers René Benko bei ihm ein. Als 2016 die OMV das Diskonttan­kstellenne­tz übernahm, zählte dieses bereits 66 Standorte. Mit den Tankstelle­n kaufte der Öl- und Gaskonzern gleich deren Gründer mit ein. Friesacher ist seither Senior Vice President bei der OMV.

Aber nicht nur: Seit Ende Juni sitzt er im Aufsichtsr­at der Hypo Salzburg, und seit 3. Juli ist er Honorarkon­sul von Bosnien und Herzegowin­a für das Land Salzburg. Das Portfolio seiner MF Gruppe reicht von Immobilien über Versicheru­ngen und Software nun bis zum Töpferhand­werk.

Bei der Gmundner Keramik entschloss­en sich die bisherigen Eigentümer bewusst für einen Käufer mit regionalen Wurzeln: „Wir hatten auch Angebote ausländisc­her Investoren, mit Friesacher aber eine österreich­ische Lösung gesucht und gefunden. Das war beiden wichtig“, sagte Maximilian Graf von Moy. Die Keramikman­ufaktur war seit 1997 im Privatbesi­tz seiner Familie. Über den Kaufpreis schwiegen die Vertragspa­rteien.

Friesacher setzt auf Kontinuitä­t und will dem Standort Gmunden weiteres Wachstum ermögliche­n – zügig, aber nicht mit 200 km/h. Eines, was Friesacher als Rennfahrer verwehrt geblieben ist, hat er sich nun in Gmunden erkauft: einen Platz eins. Zumindest nach eigenen Angaben ist die Keramikman­ufaktur die größte ihrer Art in Europa.

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Foto: APA/Wildbild/Freund Unternehme­r Markus Friesacher übernimmt Gmundner Keramik.

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