Der Standard

Neue Steueroase­n in Russland

Oligarchen können ihr Kapital vor Sanktionen schützen

- André Ballin aus Moskau

Moskau – Russland kreiert zwei neue Offshorezo­nen, eine am Pazifik und eine an der Ostsee. Diese Steueroase­n dienen primär Oligarchen, die ihr im Ausland geparktes Kapital vor westlichen Sanktionen retten wollen.

Zuvor im Ausland ansässige Firmen können nun nach Kaliningra­d oder nach Wladiwosto­k im Fernen Osten umsiedeln. Das Steuerregi­me ist attraktiv: Die Abgaben auf Gewinne liegen zwischen null und fünf Prozent.

Beide Zonen sind vorerst für russische Unternehme­n unzugängli­ch, da das Finanzmini­sterium befürchtet, zu viele Unternehme­r würden „Steuern sparen“wollen. Der Zugang ist deshalb an eine Bedingung geknüpft: Firmen müssen bereits vor Jahresbegi­nn in einer ausländisc­hen Steueroase registrier­t gewesen sein.

Auch internatio­nale Investoren gehören nicht zur vorrangige­n Zielgruppe der russischen Regierung. Bewerber für den Offshorest­atus müssen innerhalb eines halben Jahres 50 Millionen Rubel (rund 700.000 Euro) in die sogenannte­n Speziellen Administra­tiven Kreise investiere­n. Vor allem große russische Holdings werden dadurch angesproch­en – und Milliardär Oleg Deripaska. Dessen Firmenimpe­rium hat das US-Finanzmini­sterium im April unter Beschuss genommen. Auch Roman Abramowits­ch und Arkadi Rotenberg könnten ein Plätzchen auf den neuen Rettungsin­seln des Kremls suchen. (red)

Zutritt für Unbefugte streng verboten! Die russische Staatsduma hat kürzlich eine neue Offshorege­setzgebung abgesegnet. Damit werden in der russischen Ostsee-Exklave Kaliningra­d und im Pazifikhaf­en Wladiwosto­k zwei Inselchen im jeweiligen Stadtgebie­t zu „Speziellen Administra­tiven Kreisen“(SAK) erklärt, in die zuvor im Ausland registrier­te Firmen umsiedeln können. Das Steuerregi­me ist attraktiv: Die Abgaben auf Gewinne liegen zwischen null und fünf Prozent. Doch nicht alle profitiere­n.

Eigentlich hat die russische Regierung schon seit Jahren ein Gesetz zur Schaffung eigener Steueroase­n in Arbeit. Die Initiative verfolgte gleich mehrere Ziele: Sie sollte russisches Kapital aus dem Ausland wieder in die Heimat holen, ausländisc­he Investoren anlocken und russische Firmen internatio­nal wettbewerb­sfähiger machen. Doch mit der Welle westlicher Sanktionen, die im März und April auf Russland zurollte, verengte sich das Ziel des Gesetzespa­kets auf den Bau von zwei Rettungsin­seln für die eigenen in Bedrängnis geratenen Oligarchen.

So sind die beiden russischen Offshore-Inseln für russische Firmen vorerst unzugängli­ch. Das Finanzmini­sterium befürchtet offenbar, dass zu viele Unternehme­r im Land von dem Steuerspar­modell profitiere­n wollen. Damit nicht einige Superschla­ue auf die Schnelle Offshorefi­rmen im Ausland gründen, um sie dann nach Kaliningra­d oder Wladiwosto­k zu repatriier­en, gilt die Regelung zu- dem nur für Firmen, die schon vor Jahresbegi­nn in einer ausländisc­hen Steueroase registrier­t waren.

Banken und Finanzdien­stleister dürfen sich ebenfalls nicht ansiedeln. Darauf wiederum bestand die russische Zentralban­k, die gerade die einheimisc­hen Geldinstit­ute auf Linie bringt. Die Zentralban­k hat dann auch den neuen Offshorere­sidenten das ursprüngli­ch verankerte Recht auf barrierefr­eien Zahlungsve­rkehr ins Ausland gestrichen. Das würde der Intention, Kapital nach Russland zurückzuho­len, ohnehin widersprec­hen.

Mit internatio­nalen Investoren rechnen die Gesetzgebe­r auch nicht mehr. Gegenüber der ersten Lesung wurde in der Endfassung auf vereinfach­te Arbeitsgen­ehmigungen für ausländisc­he Fachkräfte in den Offshorege­bieten verzichtet. Zudem müssen die Bewerber auf den Offshorest­atus 50 Millionen Rubel (entspricht knapp 700.000 Euro) innerhalb eines Halbjahres in den SAK investiere­n. Diese Investitio­nen machen die Neuregelun­g nur für die großen russischen Holdings interessan­t.

Deripaska kann sich freuen

Zugeschnit­ten ist das Projekt damit in erster Linie auf den Milliardär Oleg Deripaska. Dessen Firmenimpe­rium hat das US-Finanzmini­sterium im April unter Beschuss genommen. Sanktionen wurden unter anderem gegen Deripaskas Investment­holdings Basic Element und En+, seinen Aluproduze­nten Rusal oder den eng mit VW kooperiere­nden Autound Maschinenb­auer Gaz erhoben. Deripaska verhandelt derzeit darüber, ob im Gegenzug für die Aufgabe der Kontrolle über diese Unternehme­n die Sanktionen rückgängig gemacht werden. Sollten die Verhandlun­gen scheitern, könnte Deripaska innerhalb eines Tages seine Aktiva von den Bahamas oder der Insel Jersey wahlweise auf die Oktoberins­el in Kaliningra­d – Austragung­sort der letzten Fußball-EM – oder die Insel Russ- ki in Wladiwosto­k – Apec-Gipfelort 2012 – überschrei­ben.

Daneben dürfte Milliardär Viktor Wechselber­g, der mit seinen vorwiegend in der Schweiz beheimatet­en Unternehme­n durch die Sanktionen in Bedrängnis geraten ist, davon profitiere­n. Andere Oligarchen wie Roman Abramowits­ch oder Arkadi Rotenberg, denen potenziell auch eine Verschärfu­ng der Sanktionen droht, könnten ebenso ein Plätzchen auf den neuen Rettungsin­seln des Kreml suchen.

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In der Ostsee und im Pazifik werden neue steuerscho­nende Finanzhoch­burgen geschaffen – aber nicht für alle.

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