Neue Steueroasen in Russland
Oligarchen können ihr Kapital vor Sanktionen schützen
Moskau – Russland kreiert zwei neue Offshorezonen, eine am Pazifik und eine an der Ostsee. Diese Steueroasen dienen primär Oligarchen, die ihr im Ausland geparktes Kapital vor westlichen Sanktionen retten wollen.
Zuvor im Ausland ansässige Firmen können nun nach Kaliningrad oder nach Wladiwostok im Fernen Osten umsiedeln. Das Steuerregime ist attraktiv: Die Abgaben auf Gewinne liegen zwischen null und fünf Prozent.
Beide Zonen sind vorerst für russische Unternehmen unzugänglich, da das Finanzministerium befürchtet, zu viele Unternehmer würden „Steuern sparen“wollen. Der Zugang ist deshalb an eine Bedingung geknüpft: Firmen müssen bereits vor Jahresbeginn in einer ausländischen Steueroase registriert gewesen sein.
Auch internationale Investoren gehören nicht zur vorrangigen Zielgruppe der russischen Regierung. Bewerber für den Offshorestatus müssen innerhalb eines halben Jahres 50 Millionen Rubel (rund 700.000 Euro) in die sogenannten Speziellen Administrativen Kreise investieren. Vor allem große russische Holdings werden dadurch angesprochen – und Milliardär Oleg Deripaska. Dessen Firmenimperium hat das US-Finanzministerium im April unter Beschuss genommen. Auch Roman Abramowitsch und Arkadi Rotenberg könnten ein Plätzchen auf den neuen Rettungsinseln des Kremls suchen. (red)
Zutritt für Unbefugte streng verboten! Die russische Staatsduma hat kürzlich eine neue Offshoregesetzgebung abgesegnet. Damit werden in der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad und im Pazifikhafen Wladiwostok zwei Inselchen im jeweiligen Stadtgebiet zu „Speziellen Administrativen Kreisen“(SAK) erklärt, in die zuvor im Ausland registrierte Firmen umsiedeln können. Das Steuerregime ist attraktiv: Die Abgaben auf Gewinne liegen zwischen null und fünf Prozent. Doch nicht alle profitieren.
Eigentlich hat die russische Regierung schon seit Jahren ein Gesetz zur Schaffung eigener Steueroasen in Arbeit. Die Initiative verfolgte gleich mehrere Ziele: Sie sollte russisches Kapital aus dem Ausland wieder in die Heimat holen, ausländische Investoren anlocken und russische Firmen international wettbewerbsfähiger machen. Doch mit der Welle westlicher Sanktionen, die im März und April auf Russland zurollte, verengte sich das Ziel des Gesetzespakets auf den Bau von zwei Rettungsinseln für die eigenen in Bedrängnis geratenen Oligarchen.
So sind die beiden russischen Offshore-Inseln für russische Firmen vorerst unzugänglich. Das Finanzministerium befürchtet offenbar, dass zu viele Unternehmer im Land von dem Steuersparmodell profitieren wollen. Damit nicht einige Superschlaue auf die Schnelle Offshorefirmen im Ausland gründen, um sie dann nach Kaliningrad oder Wladiwostok zu repatriieren, gilt die Regelung zu- dem nur für Firmen, die schon vor Jahresbeginn in einer ausländischen Steueroase registriert waren.
Banken und Finanzdienstleister dürfen sich ebenfalls nicht ansiedeln. Darauf wiederum bestand die russische Zentralbank, die gerade die einheimischen Geldinstitute auf Linie bringt. Die Zentralbank hat dann auch den neuen Offshoreresidenten das ursprünglich verankerte Recht auf barrierefreien Zahlungsverkehr ins Ausland gestrichen. Das würde der Intention, Kapital nach Russland zurückzuholen, ohnehin widersprechen.
Mit internationalen Investoren rechnen die Gesetzgeber auch nicht mehr. Gegenüber der ersten Lesung wurde in der Endfassung auf vereinfachte Arbeitsgenehmigungen für ausländische Fachkräfte in den Offshoregebieten verzichtet. Zudem müssen die Bewerber auf den Offshorestatus 50 Millionen Rubel (entspricht knapp 700.000 Euro) innerhalb eines Halbjahres in den SAK investieren. Diese Investitionen machen die Neuregelung nur für die großen russischen Holdings interessant.
Deripaska kann sich freuen
Zugeschnitten ist das Projekt damit in erster Linie auf den Milliardär Oleg Deripaska. Dessen Firmenimperium hat das US-Finanzministerium im April unter Beschuss genommen. Sanktionen wurden unter anderem gegen Deripaskas Investmentholdings Basic Element und En+, seinen Aluproduzenten Rusal oder den eng mit VW kooperierenden Autound Maschinenbauer Gaz erhoben. Deripaska verhandelt derzeit darüber, ob im Gegenzug für die Aufgabe der Kontrolle über diese Unternehmen die Sanktionen rückgängig gemacht werden. Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte Deripaska innerhalb eines Tages seine Aktiva von den Bahamas oder der Insel Jersey wahlweise auf die Oktoberinsel in Kaliningrad – Austragungsort der letzten Fußball-EM – oder die Insel Russ- ki in Wladiwostok – Apec-Gipfelort 2012 – überschreiben.
Daneben dürfte Milliardär Viktor Wechselberg, der mit seinen vorwiegend in der Schweiz beheimateten Unternehmen durch die Sanktionen in Bedrängnis geraten ist, davon profitieren. Andere Oligarchen wie Roman Abramowitsch oder Arkadi Rotenberg, denen potenziell auch eine Verschärfung der Sanktionen droht, könnten ebenso ein Plätzchen auf den neuen Rettungsinseln des Kreml suchen.