Prozess um blaues Auge und Sado-Maso-Beziehung
35-jähriger Unbescholtener soll damalige Partnerin gewürgt und bedroht haben, er glaubt an Rache
Wien – Dass in einem Gerichtsverfahren um Nötigung und versuchte Körperverletzung ein blaues Auge de facto keinen Beweiswert hat, ist eine seltene Ausnahme. Im von Stefan Apostol geführten Prozess gegen Peter D. (Name geändert, Anm.) tritt dieser Fall ein. Denn, wie Verteidiger Christoph Naske in seinem Eröffnungsplädoyer ausführt: „Mein Mandant hat einen sehr ausgeprägten Fetisch. Er hat in einer SM-Beziehung gelebt. Sie haben einander geschlagen, gewürgt und verletzt. Aber es war alles einvernehmlich.“
War es nicht, behauptet dagegen Patricia R., D.s Expartnerin. Sie hat ihn angezeigt, da der 35jährige Gemeindebedienstete sie am 24. Mai bei einem Streit gewürgt und geohrfeigt und mit dem Umbringen bedroht haben soll. Was der unbescholtene Angeklagte strikt leugnet.
„Wir kennen uns seit Mai 2017, im Februar bin ich zu ihr gezogen“, erzählt D. dem Richter. „Sie ist sehr eifersüchtig und nimmt Antidepressiva. Sie zeigt mich an, weil ich sie verlasse“, ist er überzeugt. Aus ist es seit Juni, als R. ein weiteres Mal zur Polizei ging, um ein blaues Auge zu melden. D. vermutet darüber hinaus auch ein finanzielles Motiv: „Ich habe alles gezahlt. Die Mietrückstände, Warmwasser, Anwaltskosten“, behauptet der Angeklagte über seine Verflossene.
Dass er R. im Mai gewürgt habe, leugnet D. gar nicht. Das sei aber beim Geschlechtsverkehr passiert. Als es später zum Streit gekommen sei, habe er die Wohnung verlassen. Um die Natur der sexuellen Beziehung zu untermau- ern, bietet D. auch nackte Tatsachen an. „Ich habe heute noch Narben am Rücken, die kann ich Ihnen zeigen. Sie schlägt mich auch mit dem Gürtel.“Apostol lehnt das Angebot dankend ab.
Die 22 Jahre alte R. möchte in Abwesenheit D.s vernommen werden. Sie sagt, beide Seiten seien eifersüchtig gewesen, so auch im Mai. „Er hatte ein paar Bier und Kräuterbitter getrunken“, erinnert sie sich. Schwieriger fällt es ihr, Details der angeblichen Attacke abzurufen. Sie verweist lieber auf den späteren Vorfall mit dem blauen Auge und zeigt sogar ein Handyfoto der Verletzung.
Verteidiger Naske hat diesbezüglich aber eine Frage an die Mutter einer Dreijährigen. „Gab es schon zuvor einmal eine Untersuchung des Jugendamts wegen eines blauen Auges?“, will er wis- sen. „Ja“, sagt die Zeugin. Damals hatte sich das Amt um das Kindeswohl gesorgt, R. hatte aber gesagt, dass das Hämatom bei SM-Sex entstanden sei. „Aber ich kann schon unterscheiden, ob ich während dem Sex habe oder nicht“, beharrt die schmächtige Frau.
D.s Rückkehr in den Saal löst einen denkwürdigen Wortwechsel aus. „Wie ist es zu dem blauen Auge gekommen, wegen dem Sie Frau R. im Juni angezeigt hat?“, fragt Apostol. „Wir hatten gerade mit dem Vorspiel begonnen“, hört er als Antwort. Dann sei es wieder zu einem Streit gekommen.
Der Richter spricht D. rechtskräftig frei. „Sie haben beide einen glaubhaften und sehr authentischen Eindruck gemacht, die Wahrheit wird in der Mitte liegen“, ist Apostol überzeugt. Für eine strafrechtliche Verurteilung reiche das aber nicht.