Der Standard

80 Prozent sprechen sich gegen Abschiebun­g von Lehrlingen aus

Der Fokus auf Gewaltschu­tz von Juliane Bogner- Strauß wird unglaubwür­dig

- Beate Hausbichle­r

Wien – Der Streit rund um die mögliche Abschiebun­g von hunderten Asylwerber­n, die in Österreich eine Lehre absolviere­n, geht in eine neue Runde. Das Meinungsfo­rschungsin­stitut Sora hat am Mittwoch eine repräsenta­tive Umfrage vorgelegt, wonach sich rund 80 Prozent der Österreich­er gegen eine Abschiebun­g der Lehrlinge ausspreche­n. Befragt hat das SoraInstit­ut 900 Personen.

Beauftragt wurde Sora vom oberösterr­eichischen Landesrat für Integratio­n, Rudi Anschober. Der Grünen-Politiker koordinier­t die Aktivitäte­n gegen die Abschiebun­g der Asylwerber­lehrlinge, von denen es aktuell rund 950 gibt. Rechtliche Bedenken gegen die Abschiebun­g hat das LudwigBolt­zmann-Institut für Menschenre­chte angemeldet. Die türkis-blaue Regierung spricht sich gegen ein Bleiberech­t für Lehrlinge aus. (red)

Die Frauenmini­sterin hat Prioritäte­n. Das will sie zumindest vermitteln. Seit Jahresbegi­nn antwortet Juliane Bogner-Strauß mit „Gewaltschu­tz“, wenn sie nach ihrer Frauenpoli­tik gefragt wird. 100 neue Plätze in Frauenhäus­ern kündigte sie gleich nach ihrem Amtsantrit­t an. Doch Fragen nach der konkreten Finanzieru­ng kann sie auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworte­n. Die plakative Zahl von 100 neuen Plätze rückte in weite Ferne und wurde auch von Bogner-Strauß selbst dorthin verlagert. Um genau zu sein, ins Jahr 2022. Als prioritär kann man das wohl kaum bezeichnen.

Schon die ersten Monate der Amtszeit von Juliane Bogner-Strauß zeigten also, dass das Stichwort Gewaltschu­tz wohl nicht mehr als eben das ist. Und es ist nützlich, ist es doch ein frauenpoli­tisches Thema, über das am ehesten Konsens herrscht. Während etwa eine gezielte und konsequent­e Pädagogik gegen Geschlecht­erstereoty­pe von vielen Menschen noch immer als Schwachsin­n bis Genderwahn abgetan wird, kann man sich auf den Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt und prügelnden bis mordenden (Ex-)Partnern einigen. Immerhin. Ein weiterer Schritt wäre allerdings, endlich den Zusammenha­ng von Geschlecht­erstereoty­pen und Gewalt zu begreifen. Ein Schritt, den wir in Österreich mit unserer Frauenmini­sterin wohl nicht gehen werden. ls im Juni und Juli Bescheide über Kürzungen für jene Frauenvere­ine eintrudelt­en, die Bogner-Strauß für entbehrlic­h hält, war er wieder stark da: der angebliche Fokus auf Gewaltschu­tz. Angesichts der aktuellen Kriminalst­atistik eine Konzentrat­ion, die durchaus ihre Berechtigu­ng hat. Vergewalti­gung gehört zu den wenigen Delikten, die eklatant angestiege­n sind. Trotzdem will man sich selbst im August auf keine fixen Förderzusa­gen für 2019 festlegen. Die Rede ist nur von 230.000 Euro, dieser Betrag wird jenen Frauenvere­inen, die keinen direkten Gewaltschu­tz bieten, abgezogen. Diese 230.000 Euro wolle man für den Gewaltschu­tz „bedarfsori­entiert“einsetzen. Das klingt eher nach einer Strategie, um anderen Frauenvere­inen, deren Arbeit man für Pipifax hält, den Hahn abzudrehen – „bedarfsori­entiert“klingt nach Willkür. Bei einem Kürzungsvo­lumen von 230.000 Euro für Frauenproj­ekte im

AJahr 2019 mit dem Argument, alles für den Gewaltschu­tz beiseiterä­umen zu wollen, wären konkrete Infos, welche Einrichtun­gen genau das Geld bekommen, und fixe Zusagen das Mindeste. Das traditione­ll kleine Budget für die Arbeit der Frauenmini­sterinnen in Österreich hindert eine Ministerin nicht daran, möglichst früh Klarheit für frauenpoli­tisch Engagierte zu schaffen, was Bogner-Strauß gerade auch für das kommende Jahr verabsäumt.

Und es geht auch nicht nur ums Geld, es geht ebenso um eine katastroph­ale Symbolik: Während die Frauenmini­sterin im Zuge der Kürzungen die Arbeit der betroffene­n Vereine, etwa die des Klagsverba­ndes, öffentlich kleinredet­e, weiß sie den Dachverban­d der schlagende­n Schülerver­bindungen und Burschensc­haften, den Österreich­ischen Pennälerri­ng (ÖPR), anscheinen­d zu schätzen. Er kann sich dieses Jahr über 40.000 Euro Bundesjuge­ndförderun­g freuen, zuständig ist, in diesem Fall als Familienmi­nisterin, Juliane Bogner-Strauß. Die Burschen können mit „scharfen Waffen“ihren „Mann stehen“, steht auf der Website des Dachverban­des – so viel zu Geschlecht­erstereoty­pen und Gewalt. Das sind die falschen Prioritäte­n.

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