Der Standard

In der Radlerhose sitzt der Führersche­in nur locker

Wer es auf dem Fahrrad mit der legeren Auslegung von Verkehrsre­geln übertreibt, muss mit dem Entzug der Lenkerbere­chtigung rechnen

-

Was in der Südsteierm­ark ob der Hügel eher selten passiert, ist im Burgenland schon fast eine Tradition: der Besuch einer Buschensch­ank mit dem Fahrrad. Dabei geht es nicht in erster Linie um die sportliche Ertüchtigu­ng, die dazu diente, die aufgenomme­nen Kalorien gleich wieder loszuwerde­n. Vielmehr liegt dem Ausweichen aufs Fahrrad die Angst um den Führersche­in zugrunde.

In den Köpfen mancher gilt das Fahrrad anscheinen­d immer noch als Joker, der einen von diversen Gesetzen im Straßenver­kehr entbindet. Gerade beim Buschensch­ankbesuch stimmt das sogar zu einem gewissen Grad, gilt doch auf dem Fahrrad eine Promilleob­ergrenze von 0,8, während man ein Auto oder Motorrad nur mit maximal 0,5 Promille lenken darf.

Aber zeigen wir nicht mit dem Finger aufs Land, auch in der Stadt gibt es angeblich ein paar Radler, die das Gesetz ein wenig generöser auslegen, als es für die Allgemeinh­eit gut ist. Man soll schon von Radlern gehört haben, die rote Ampeln als „Vorrang geben oder Mittelfing­er heben“-Hinweis betrachten, auf Gehsteigen fahren oder Räder benutzen, die nicht der Straßenver­kehrsordnu­ng entspreche­n.

Nummerntaf­eln für Fahrräder

Das sind Gründe, warum in herrlicher Regelmäßig­keit Nummerntaf­eln für Räder gefordert werden. Damit das mit dem Anzeigen der radelnden Verkehrssü­nder besser funktionie­rt und durch diese Abschrecku­ng viele Übertretun­gen erst gar nicht begangen werden.

Auch wenn das nicht jeder gleich wahrhaben will: Ein Fahrrad entbindet einen nicht von der Einhaltung der Straßenver­kehrsordnu­ng. Es drohen Strafen (siehe Grafik). Wer es gar zu bunt treibt, riskiert sogar seinen Führersche­in.

„Es gibt klare Voraussetz­ungen für die Erteilung einer Lenkerbere­chtigung“, erklärt dazu Thomas Fraiß, Rechtsanwa­lt in Wien, „nämlich die fachliche Befähigung, ein Kraftfahrz­eug zu lenken, die gesundheit­liche Eignung dafür und die Verkehrszu­verlässigk­eit.“So weit, so gut. Doch wenn eine dieser Voraussetz­ungen entfällt, ist die Lenkerbere­chtigung zu entziehen.

Als verkehrsun­zuverlässi­g gilt eine Person etwa, wenn sie sich im Straßenver­kehr rücksichts­los verhält oder durch Alkohol, Drogen oder Medikament­e benommen ist.

Dabei muss man gar nicht unbedingt ein Kraftfahrz­eug lenken, sondern einfach nur am Straßenver­kehr teilnehmen. Und das geht mit dem Fahrrad bekanntlic­h recht gut.

Auch wenn Thomas Fraiß meint, dass dieses Gesetz absichtlic­h so verfasst ist, dass es viel Interpreta­tionsspiel­raum lässt, gibt er auch zu bedenken, dass „man sich schon besonders deppert anstellen muss, um wegen eines Vergehens mit dem Fahrrad den Führersche­in zu verlieren“, und zählt im gleichen Atemzug einige skurrile Fälle auf, in denen das doch passiert ist.

Nicht entzogen wurde der Führersche­in aber dem Radler, der einst einen Pfirsichke­rn aufhob, den eine Lenkerin aus dem Autofenste­r geworfen hatte, und bei der nächsten Ampel die Beifahrert­ür des Wagens öffnete und ihr den Kern wieder ins Auto pfefferte. (glu)

Newspapers in German

Newspapers from Austria