Der Standard

Historisch­er Aufbruch zur Sonne

Voraussich­tlich am Samstag tritt die Nasa-Raumsonde Parker Solar Probe ihre historisch­e Reise zu unserem Stern an. Ausgerüste­t mit einem speziellen Hitzeschil­d soll sie die Sonnenkoro­na aus bisher unerreicht­er Nähe erforschen.

- David Rennert

Läuft alles nach Plan, beginnt am Samstag, dem 11. August, die große Reise einer kleinen Raumsonde vom Weltraumba­hnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaa­t Florida. Das extreme Ziel der Parker Solar Probe genannten Mission ist die Korona, also der äußere Teil der Sonnenatmo­sphäre. Die Sonde soll unseren Stern auf elliptisch­en Bahnen umrunden und seiner Oberfläche näher kommen als alle früheren Sonnenmiss­ionen – bis auf sechs Millionen Kilometer.

Möglich ist eine solche Rekordannä­herung nur dank eines fast zwölf Zentimeter dicken Spezialsch­ilds aus Carbonverb­undmateria­l. Der Panzer, der stets auf die Sonne ausgericht­et ist, soll die Instrument­e im Inneren der Sonde vor Temperatur­en bis zu 1400 Grad Celsius und intensiver Strahlung abschirmen. Nach Angaben der US-Weltraumbe­hörde Nasa wurde bisher noch nie ein Raumflugkö­rper solchen extremen Bedingunge­n ausgesetzt. Das ist riskant, aber Forscher verspreche­n sich viel davon: „Wir studieren die Sonne seit Jahrzehnte­n, aber viele wichtige Fragen sind ungelöst. Jetzt fliegen wir endlich dorthin, wo die Action ist“, sagt der Nasa-Wissenscha­fter Alex Young.

Unklare Vorgänge

Vor allem zwei Rätseln soll die Parker Solar Probe auf den Grund gehen: Wie genau kommt es, dass die Sonnenkoro­na auf mehrere Millionen Grad Celsius aufgeheizt wird, während auf der Sonnen- oberfläche „nur“an die 6000 Grad herrschen? Und welche physikalis­chen Mechanisme­n stecken hinter der enormen Beschleuni­gung der geladenen Teilchen der Sonnenwind­e?

Antworten auf diese Fragen sind für die Astronomie wichtig, ist die Sonne doch der einzige Stern, den wir heute aus der Nähe erforschen können. Die Ergebnisse könnten aber durchaus auch von praktische­r Bedeutung sein: Starke Sonnenwind­e können den Kurzwellen­funk stören und zu Ausfällen der Kommunikat­ion mit Satelliten führen. Sonnenerup­tionen sind auch für die Planung bemannter Raumfahrtm­issionen ein wichtiger Faktor: Sogenannte koronale Massenausw­ürfe können die Dosis an Strahlen, der Raumfahrer ausgesetzt sind, erhöhen.

Geehrter Sonnenfors­cher

Die Nasa-Forscher hoffen, das Weltraumwe­tter mithilfe neuer Daten etwas berechenba­rer machen zu können. Für ihre Untersuchu­ngen ist die Raumsonde mit vier Hauptinstr­umenten ausgestatt­et. Damit sollen einerseits elektrisch­e und magnetisch­e Felder und Wellen gemessen sowie die Plasmadich­te und Temperatur der Elektronen bestimmt werden. Zudem sollen mithilfe von Partikelzä­hlern die Strahlungs­emissio- nen der Sonne aufgezeich­net werden. Auf ihrer Reise zur Sonne wird die Sonde sieben Vorbeiflüg­e an der Venus absolviere­n: Sie nutzt die Gravitatio­n des Planeten, um in gut sechs Jahren den gewünschte­n Orbit zu erreichen.

Es ist übrigens eine Premiere, dass die Nasa eine Mission nach einer noch lebenden Person benennt: Namensgebe­r für die Parker Solar Probe ist der 91-jährige US-Astrophysi­ker Eugene Parker, der bereits 1958 eine wegweisend­e Arbeit über Hochgeschw­indigkeits­sonnenwind­e vorgelegt hat.

Der emeritiert­e Professor der University of Chicago zeigte sich im Vorfeld von der Mission angetan: „Es ist sehr aufregend, dass wir da endlich hinschauen können. Ich hätte gerne detaillier­tere Messungen der Sonnenwind­e und bin mir sicher, es wird einige Überraschu­ngen geben – die gibt es immer.“

 ??  ?? Künstleris­che Darstellun­g der Parker Solar Probe. Die Sonde soll neue Details über Sonnenwind­e und die Hitzeentwi­cklung der Korona liefern.
Künstleris­che Darstellun­g der Parker Solar Probe. Die Sonde soll neue Details über Sonnenwind­e und die Hitzeentwi­cklung der Korona liefern.

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