Mit Kieberern ins kalte Wasser springen
„Copstories“-Regisseur Umut Dag war Co-Regisseur bei neuen Folgen der Polizeiserie – Ab 14. August im ORF
Wien – Es geht ab im Bezirke Ottakring. Chefinspektor Mosbacher (Serge Falck) ist fix und foxi vom Life Ball. Bei der Verkehrskontrolle pascht die Beifahrerin dem tätowierten Mann im Unterleiberl ab. Der wiederum will nur ins Röhrl blasen, wenn Kommandantin Rauper (Kristina Bangert) schön „bitte“sagt.
Bezirksinspektorin Leila kulov (Claudia Kottal) schlägt sich unterdessen mit einem Unbekannten herum, der Frauen in Hauseingänge zerrt, versucht, sie zu küssen, und dann mit deren Handtasche abhaut. Der Herr Inspektor Thaler (Michael Steinocher) und die Frau Inspektor Zauner (Cornelia Ivancan) haben ein Gspusi, dann verschwindet ein Kind, einen Toten gibt es auch, und das ist noch immer nicht alles, was sich am Beginn der neuen Staffel der Copstories ab 14. August auf ORF 1 um 20.15 Uhr ereignet.
Menschen, Schicksale, kleine und schwere Verbrechen, schnell geschnitten, geschickt miteinander verwoben und möglichst nahe an der Realität: Damit überzeugen die Copstories seit 2013, anfangs nach dem Vorbild der niederländischen Serie Van Speijk. Mi-
Zur Ehre, bei den Copstories Regie zu führen, kam Umut Dag unverhofft und wohl auch ungewollt. Dag sprang für den erkrankten Christopher Schier ein und brachte zu Ende, was dieser in Teilung mit Michi Riebl (Schnell ermittelt) angefangen hatte. „Wir mussten das Beste daraus machen“, sagt Dag im Podcast STANDARD- Serienreif.
„Für mich war es eine große Herausforderung“, sagt Dag. Außerdem habe er mit den Arbeitsbedingungen beim Fernsehen gehadert: „Sechseinhalb Drehtage für 45 Minuten, zwei Kameras. Da muss man überlegen: Kann man das überhaupt?“Gezögert hat er trotzdem nicht. „Da ich immer Fernsehen machen wollte, bin ich ins kalte Wasser gesprungen.“Nicht zum ersten Mal scheinbar: Dag wurde 1982 in Wien als Sohn einer kurdischen Einwandererfamilie geboren. Er studierte Regie an der Filmakademie. Mit seinen Filmen ist er bei internationalen Festivals vertreten, zum Beispiel mit seinem Debütfilm Kuma bei der Berlinale und mit Risse in Beton. Bei drei TatortFolgen führte er Regie.
In der Serie werden die Polizisten als Menschen mit Stärken und Schwächen dargestellt und mit dem Alltag konfrontiert, der allein in Wien mehr als 200 Delikte pro Tag bereithält. Geht es darum, die Exekutive dabei möglichst gut ausschauen zu lassen? Dag überlegt: „Das war für mich auch ein Thema, weil ich selten bei der Polizei erlebt habe, dass sie so menschlich auf einen zugeht. Also auch bei einer Polizeikontrolle ist die Polizei eine Autorität.“
Wie erzählt man Polizei im Film? Für Dag ist es „ein Spannungsfeld, wo man abwägen muss“. Am Ende des Tages gehe es „um eine Serie, die Zuschauer begeistern soll. Ich glaube nicht, dass die Lösung wäre, unnahbare, distanzierte, kühle Obrigkeiten zu erzählen.“
Gedreht wurde die dritte Staffel bereits 2014. Dass sie vier Jahre später ins Fernsehen kommt, hängt mit der speziellen Abschreibungspraxis des Gebührenfunks zusammen, wonach die Hälfte der Kosten bei Ausstrahlung schlagend wird. In Zeiten von Sparbudgets hält der ORF Eigenware dann zurück. So liegt eine ganze vierte Staffel Copstories auf Eis: „Wurscht ist es einem auf keinen Fall“, sagt Dag. „Man hat sehr viel Lebenszeit investiert.“
Die Gefahr, dass Dag aufgrund seiner Herkunft – Stichwort #MeTwo – als „Experte für die Multikultiabteilung“herangezogen wird, sieht er als gegeben. „Wobei ich in der glücklichen Situation bin, dass ich diese Gefahr eher zu meinem Vorteil genützt habe.“p Podcast: derStandard.at/Serienreif