Der Standard

KOPF DES TAGES

Kämpferin für die Armen und für sich selbst

- Birgit Baumann

Da wagt jemand etwas Neues und bekommt dafür gleich vorab viel Kritik. Ungewöhnli­ch ist das nicht in der Politik, doch die Heftigkeit der Angriffe gegen Sahra Wagenknech­ts Bewegung überrascht doch.

Es hat wohl nicht nur mit Inhalten zu tun, sondern auch mit der Person und Persönlich­keit der Linken-Politikeri­n selbst. Wagenknech­t ist nicht nur eine der bekanntest­en Politikeri­nnen Deutschlan­ds, sondern zählt auch zu jenen, die am meisten polarisier­en.

Ihr macht das nichts aus, im Gegenteil: Sie lebt von der Provokatio­n und auch von der Inszenieru­ng. Von kaum jemand anderem im politische­n Berlin – außer vielleicht Ursula von der Leyen und Christian Lindner – gibt es so viele schöne Fotos in so coolen Posen.

Das und ihre streitbare Art machen Wagenknech­t auch oft zur Außenseite­rin, was die 49-Jährige aber nicht stört. Abseits steht sie schon von klein auf: im DDR-Kindergart­en in Thüringen wegen ihrer dunkleren Hautfarbe, die sie von ihrem iranischen Vater hat. Später, in Ostberlin, wird ihr das Studium mit der Begründung verweigert, sie sei für das Kollektiv „nicht genügend aufgeschlo­ssen“.

Nach der Wiedervere­inigung kann sie doch studieren (Philosophi­e, Lite- ratur, Volkswirts­chaft), sie ist quasi Wendegewin­nerin und hängt dennoch lange den Idealen der DDR nach, nennt auch die Berliner Mauer ein „notwendige­s Übel“.

In der PDS (Partei des Demokratis­chen Sozialismu­s) engagiert sie sich zunächst in der „kommunisti­schen Plattform“, macht aber dann doch bei den Linken Karriere. Sie zieht ins EU-Parlament, wird Partei-Vizechefin und führt heute, gemeinsam mit dem Realo Dietmar Bartsch, die Linken-Fraktion im Bundestag.

Das „schönste Gesicht des Sozialismu­s“wird sie heute noch genannt und auch – ganz und gar undemokrat­isch – die „Königin der Talkshows“. Dort vertritt sie vehement ihre Ansichten, geißelt den Kommunismu­s, wettert gegen Großkonzer­ne und fordert deutlich mehr finanziell­e Hilfe für die sozial Schwachen.

Kühl sei sie, ehrgeizig und selbstbezo­gen, werfen ihr ihre Kritiker vor. Als konsequent, streitbar und engagiert loben sie ihre Mitstreite­r.

Gelingt es ihr, SPD und Linke einander wieder näher zu bringen, dann würde diese politische Vereinigun­g einer privaten folgen. Wagenknech­t ist seit 2014 mit Ex-SPD- und Ex-LinkenChef Oskar Lafontaine verheirate­t. Ihn bezeichnet sie als die „große Liebe“ihres Lebens.

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Foto: Imago Sahra Wagenknech­t will die deutsche Linke mit neuer Bewegung vereinen.

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