Der Standard

Erste Klagen der Erben

Übergangsf­risten für Pflegeregr­ess-Abschaffun­g fehlen

- Fabian Schmid, Colette M. Schmidt

Wien – Seit Abschaffun­g des Pflegeregr­esses zu Jahresbegi­nn und dem folgenden Urteil des Obersten Gerichtsho­fs, wonach Forderunge­n an Erben und Angehörige auch rückwirken­d tabu sind, sind Rechtsstre­itigkeiten österreich­weit an der Tagesordnu­ng. Die ersten Klagen sind bereits im Laufen.

Anita Bauer, Chefin des Fonds Soziales Wien, kritisiert, dass das Höchstgeri­cht völlig offenlässt, bis zu welchem Zeitpunkt in der Vergangenh­eit die Forderunge­n der Pflegefina­nzierungse­inrichtung­en ungültig sind. Betrifft dies etwa auch Grundbuche­intragunge­n von vor zwei Jahren oder seit 1945? Sollte die Politik nicht doch noch Übergangsf­risten festlegen, werden die Gerichte noch über Jahre mit dem Thema beschäftig­t sein.

„Wir gehen erst aus den Grundbüche­rn, wenn wir zu 100 Prozent sicher sind, dass alles rechtens ist, schließlic­h arbeiten wir ja mit Steuergeld“, argumentie­rt Bauer im STANDARD- Gespräch. (red)

Es hat sich einiges getan, seit die Ministerie­n zu Jahresbegi­nn 2018 ihre Kabinette präsentier­t haben. Der engste Mitarbeite­rkreis der Minister wurde vergrößert, verspätet öffentlich bekannt oder schon wieder ausgetausc­ht. Während sich die erste Welle an Einstellun­gen vor allem aus Burschensc­haftern und Parteigäng­ern speiste, ist nun auffällig, dass die blauen Ministerie­n oft auf ehemaliges Personal des Teams Stronach zurückgrei­fen.

„Man sieht, dass die Personalde­cke bei der FPÖ dünn ist“, sagt der Politikber­ater Thomas Hofer. „De facto wurden Parteistru­kturen leergeräum­t, um große Kabinette zu füllen – und man misstraut der Beamtensch­aft.“Dabei erfüllen die Kabinette laut Hofer eine wichtige Rolle: Sie sorgten dafür, dass Gesetzesvo­rlagen „nicht von der Parteilini­e abweichen“. Der Minister muss das Gefühl haben, sich auf seine Mitarbeite­r „verlassen zu können“.

Im Kabinett des Innenminis­teriums werden nun Renée Kanitz und Elke Müller geführt. Letztere leitete drei Jahre lang die Bundesgesc­häftsstell­e des Teams Stronach, zuvor war sie ab 2011 beim Stronach-Institut für sozialökon­omische Gerechtigk­eit. Kanitz war in der Presseabte­ilung des Parlaments­klubs und im niederöste­rreichisch­en Landtagskl­ub aktiv.

Axel Ganster, seit März der Sprecher von Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), war zuvor für das Team Stronach in Salzburg tätig.

Aus dem Team Stronach kommt auch Regina Zeppelzaue­r. Sie schrieb, oft gemeinsam mit ihrem Mann Andreas, Bücher – etwa Die Wilderer oder Mein Sohn Jörg, eine Biografie des verstorben­en freiheitli­chen Politstars, die aus der Sicht seiner Mutter verfasst wurde. Publiziert wurde das Buch im StockerVer­lag, der von dem FPÖ-nahen Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker geleitet wird. Zeppelzaue­r war von Jänner 2016 bis Ende 2017 in der Pressestel­le des Teams Stronach.

Einen Schriftste­llerkolleg­en hat sie im Kabinett in Thomas Hüttner, einem FPÖ-Lokalpolit­iker, der als Chefredakt­eur der Monatszeit­ung Der Eckart angeführt war. Jedenfalls stand er bis März als „Schriftlei­ter“, wie man diese Position in rechten Medien betitelt, im Impressum des Eckart. Die Publikatio­n ist ein Klassiker unter den Rechts-außen-Medien, herausgege­ben von der Österreich­ischen Landsmanns­chaft. Er ist nach Einschätzu­ng von Bernhard Weidinger vom Dokumentat­ionsarchiv des österreich­ischen Widerstand­es „in seiner politische­n Berichters­tattung etwas gemäßigter als etwa die Aula, aber ziemlich auf einer Linie mit den Berichten in der FPÖ-nahen Zur Zeit“.

Straches „neuer Kickl“

Nun publik geworden sind die Mitarbeite­r von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ). Ein prominente­r Name ist der Psychoanal­ytiker Ferdinand Stürgkh, der Kurse für „konfliktor­ientierte Kampfrheto­rik“anbot. Stürgkh ist Lektor an der Donau-Uni Krems, er soll dem Vernehmen nach die einstige Rolle des jetzigen Innenminis­ters Herbert Kickl übernehmen, der als FPÖ-Generalsek­retär jahrelang eingängige Botschafte­n für Strache zugeschnit­ten hat.

Als Referentin tauchte eine Politologi­n auf, die bei der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Politikana­lyse (ÖGP) aktiv war – sie wird das Kabinett aber mit Ende des Monats wieder verlassen. Die ÖGP, geleitet vom jetzt bei der ÖVP tätigen Efgani Dönmez, war im Nationalra­tswahlkamp­f wegen eines Vertrags mit dem Politikber­ater Peter Puller in die Schlagzeil­en geraten. Puller hatte eine Schlüsselr­olle in der Silberstei­nAffäre gespielt. Als Pressespre­cher hat Strache quasi die einstige Abteilung des FPÖ-Parlaments­klubs mitgenomme­n, neben KarlHeinz Grünsteidl wanderte auch Martin Glier mit.

Vom Team Stronach kam Christian Günther. Er war zuvor in der Team-Stronach-Akademie beschäftig­t. Pressespre­cher Konrad Weiß publiziert­e im StronachVe­rlag Frank & Frei, aber auch in der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung. Weiß ist mit dem Karolinger­Verlag verbunden, hält dort aber laut Ministeriu­m keine Anteile. Der 1980 von Peter Weiß gegründete Verlag hat auch eine rechte Schlagseit­e. Seine Bücher wurden auch über zwei einschlägi­ge Verlage, den Aula-Verlag und den Verlag Antaios, vertrieben – Letzterer steht der Identitäre­n Bewegung nahe.

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Vizekanzle­r Strache hat sich einen Spezialist­en für „konfliktor­ientierte Kampfrheto­rik“ins Team geholt.

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