Neuer Anlauf für Prozess gegen Dr. L.
Die Staatsanwaltschaft Graz hat mit ihrem Kampf gegen den Freispruch für einen oststeirischen Arzt, der seine Kinder jahrelang gequält haben soll, Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf, der Prozess muss wiederholt werden.
Der Prozess gegen den oststeirischen Arzt Eduard L., der Ende September nicht rechtskräftig vom Vorwurf des Quälens seiner Kinder freigesprochen worden war, muss wiederholt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Graz hat der Berufung der Staatsanwaltschaft stattgegeben und bestätigte einen Bericht der Kronen Zeitung. Laut OLG-Sprecherin Elisabeth Dieber ist die Berufungsinstanz der Meinung, dass Beweisergebnisse „nicht ausreichend erörtert“wurden und daher die Urteilsannahme als „nicht ausreichend empfunden“wurde.
Ein diesbezügliches Schreiben sei vergangene Woche an das Landesgericht Graz zugestellt worden. Damit muss der Prozess am Landesgericht noch einmal mit einem anderen Richter verhandelt werden. Barbara Schwarz, Sprecherin des Landesgerichts Graz, bestätigte den Erhalt des Schreibens. Welcher Richter die Neuauflage verhandeln werde, sei noch offen, ebenso der genaue Termin. Der Antrag der mutmaßlichen Opfer, das Verfahren an einem anderen Gericht verhandeln zu lassen, wurde vom Obersten Gerichtshof abgelehnt.
Der Arzt aus der Oststeiermark, Bruder eines bekannten Politikers, ist am 29. September vom Vorwurf, seine vier Kinder jahrelang gequält zu haben, freigesprochen worden. Richter Andreas Rom führte in seiner Urteilsbegründung aus: „Es ist zwar in der Familie viel passiert, aber in den Akten und den heutigen Aussagen findet man keinen Anhaltspunkt, dass die Handlungen mit derartiger Intensität begangen wurden, dass es strafbar ist.“Der Richter sah in den Vorwürfen vielmehr einen „verspäteten Rosenkrieg nach der Scheidung“.
Die schriftliche Urteilsbegründung beschäftigte sich mit dem Aussehen der Zeugen. So heißt es darin über eine Tochter: „Offensichtlich legt sie auf Kleidung, dem Anlass entsprechend, keinen Wert. Sie ist, was den Körperschmuck betrifft, in keiner Weise als konservativ zu bezeichnen.“Auch die Piercings finden Erwähnung, ebenso der „extravagante Kleidungsstil“der Ex-Ehefrau, die den Eindruck einer „überladenen Person“gemacht habe.
Die Staatsanwaltschaft hatte nach der schriftlichen Urteilsbegründung wegen „vorliegender Nichtigkeitsgründe sowie wegen des Ausspruches über die Schuld“Berufung eingebracht. Die Staatsanwaltschaft erklärte die Entscheidung zu berufen damit, dass im Zusammenhang mit dem nicht rechtskräftigen Freispruch „formelle Begründungsmängel geltend gemacht werden“. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Graz wurde das Urteil „formell nicht richtig begründet“. Außerdem werde die „Beweiswürdigung inhaltlich bekämpft“. (APA)