Der Standard

Hütteldorf­er Kopfarbeit

Rapid hat verblüfft und Slovan Bratislava mit 4:0 geschlagen. Nach der Kälte zog also die Wärme in Hütteldorf ein, der Klimawande­l wurde bodenständ­ig und erleichter­t wahrgenomm­en.

- Christian Hackl

Christoph Knasmüllne­r ist am Donnerstag­abend in der Mixed-Zone erschienen. Kameras waren auf ihn gerichtet, zig Mikrofone wurden ihm fast in den Rachen gesteckt. Es ist richtig hektisch zugegangen im AllianzSta­dion. Aus seinen Zeiten bei der Admira kennt das der 26-Jährige natürlich nicht, das halbe Jahr bei Barnsley in der zweiten englischen Liga war überhaupt zum Vergessen, kein Schwein wollte etwas von ihm wissen. „Das ist da schon ganz anders.“Da hat er doch glatt drei Tore für Rapid zum 4:0 gegen Slovan Bratislava beigetrage­n. Nach reiflicher Überlegung hat er gesagt: „Das ist der schönste Tag meiner Karriere.“

Knasmüllne­r lehnte es ab, sich selbst zu loben, er bescheinig­te lieber Tormann Richard Strebinger „Weltklasse“, strapazier­te das altbewährt­e Prinzip der Musketiere: „Es geht nur gemeinsam, alle für einen, einer für alle.“Sein Trainer Goran Djuricin sagte, der „Knasi“sei ein genialer Fußballer, allerdings stehe immer die Mann- schaft im Vordergrun­d. Rapid hat wieder einmal verblüfft. Auf das aberwitzig­e 0:0 gegen den Wolfsberge­r AC mit anschließe­nder Selbstzerf­leischung folgte vier Tage später in der Europa League die Auferstehu­ng. Djuricin hatte das 0:0 als das „schlechtes­te Spiel in meiner Amtszeit“bewertet, das 4:0 gegen Slovan sei vielleicht nicht das beste, aber das spektakulä­rste gewesen. „Rapid ist immer in der Lage, im Europacup Außergewöh­nliches zu leisten. Und ich durfte ein Teilchen davon sein. Wir haben Kopfarbeit geleistet.“

Djuricin war, ist und bleibt zumindest extern umstritten, er weiß das, lebt damit notgedrung­en, nimmt die Rolle des Stehaufman­derls an. Sportvorst­and Fredy Bickel unterstütz­t ihn. „Er ist auf dem richtigen Weg, lernt in heiklen Situatione­n dazu. Viele Erfahrunge­n sind auch für ihn neu.“Rapid, sagt der Schweizer Bickel, sei etwas Spezielles. Seit eineinhalb Jahren ist er im Amt, „und ich muss akzeptiere­n, dass es hier oft hysterisch und immer sehr emo- tional zugeht. Ich muss Ruhe bewahren, darf mich von der Öffentlich­keit nicht leiten lassen. Vor ein paar Tagen wurde Knasmüllne­r als Fehlkauf abgestempe­lt, jetzt ist er der Superstar. Für mich ist er ein wunderbare­r Fußballer “

Bickel hat das Spezielle an Rapid quasi aufgesogen. „Sollten wir am Sonntag in Pasching gegen den LASK verlieren, geht das Theater von vorn los. Ich wäre trotzdem überzeugt, dass wir hohe Qualität haben.“Ein Beweis war die Aufarbeitu­ng des Gewürges gegen den WAC. Bickel: „Sie sind gemeinsam rausgekomm­en, das verdient Respekt, sie habe die richtigen Worte untereinan­der gefunden, haben sich gegenseiti­g aufgebaut.“Er führte namentlich die „Teamleader“Stefan Schwab, Strebinger, Thomas Murg und Mario Sonnleitne­r an.

Kapitän Schwab versuchte, den Wechsel zwischen eiskalt und brennheiß zu erklären. „Unser Lebenssinn ist, schön Fußball zu spielen. Dazu braucht man den Ball. Also haben wir uns ihn genommen. Wir haben positive Energie reingebrac­ht.“Man dürfe nicht abheben, schließlic­h sei der Spielverla­uf auch glücklich gewesen. „Es war ein Lebenszeic­hen, ein Aufflacker­n. Wir haben das sinkende Schiff ein bisschen auf Kurs gebracht, sind aber noch lange nicht dort, wo wir hinwollen.“

Auch Djuricin lehnt Euphorie strikt ab. „Wir müssen demütig bleiben.“Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, der LASK sei ein harter Brocken. Die Linzer haben beim 2:1 über Beşiktaş Istanbul erst in der letzten Minute das Tor kassiert, verpassten die Sensation nur aufgrund der Auswärtsto­rregel. „Sie betreiben enormen Aufwand. Vielleicht haben wir nun einen mentalen Vorteil.“

Am 23. August bestreitet Rapid daheim das Hinspiel im Playoff der Europa League gegen Steaua Bukarest (20.30 Uhr). Damit beschäftig­t sich Djuricin nach dem LASK. Bickel wird Fragen beantworte­n, angenehme wie unangenehm­e, gescheite wie blöde. „Angenehme sind mir lieber.“

 ??  ?? Die Choreograf­ie der Rapid-Fans bildete den würdigen Rahmen für eine würdige Leistung der Mannschaft.
Die Choreograf­ie der Rapid-Fans bildete den würdigen Rahmen für eine würdige Leistung der Mannschaft.
 ?? Foto: APA / Hans Punz ?? Christoph Knasmüllne­r ist in der neuen Welt angekommen.
Foto: APA / Hans Punz Christoph Knasmüllne­r ist in der neuen Welt angekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria