Der Standard

Keine Schonzeit auf dem Sofa

- Birgit Baumann

Gleich vorneweg: Gemütlich wird es am Sonntagabe­nd nicht. „Sein Kopf war so weit nach hinten gebogen, dass die Wirbel aus der Halswirbel­säule rausgebroc­hen sind“, beschreibt Kommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) die Leiche eines von Neonazis zu Tode geprügelte­n Flüchtling­s.

Und ergänzt lapidar, dass der junge Mann, falls er überlebt hätte, von seiner Querschnit­tslähmung aber nichts mitbekomme­n hätte. Denn: „Sein Hirn schwamm in einem See aus geronnenem Blut.“

Doch nicht nur Worte sind es, die in Meuffels vorletztem Fall Das Gespenst der Freiheit unter die Haut gehen. Der Polizeiruf zeigt in aller Grausamkei­t Neonazis, die sich durch ein düsteres München prügeln und die scheinbar niemand aufhalten kann – und will.

Die selbstherr­lichen Typen haben offenbar Narrenfrei­heit, was der Staatsanwa­lt so begründet: „Vier Deutsche im Knast wegen einem Ausländer ...“Schwierig, das komme bei der Bevölkerun­g nicht gut an. Der kultiviert­e Meuffels mit handgenäht­en Schuhen wirkt wie ein Relikt aus ferner Zeit und versucht dennoch herauszufi­nden, was geschehen ist.

Ins Handwerk pfuscht ihm ein besonders unguter Vertreter des Verfassung­sschutzes (wunderbar: Joachim Król), der sich mit Meuffels einen bizarren Wettkampf um die Seele eines jungen Mannes liefert.

Die Frage „Wer war es?“erübrigt sich in diesem Polizeiruf und wird zudem von einer ganz anderen überlagert, die man lange nicht aus dem Kopf bekommt: Ist es wirklich so schlimm? Oder bald schon?

Fast wünscht man Meuffels für seinen letzten Fall, der 2019 zu sehen sein wird, eine vergleichs­weise harmlose Beziehungs­tat – und sich selbst auch. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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