Der Standard

Gekränkte Eitelkeit als Außenpolit­ik

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Also, Putin bringt (laut Österreich) auch Kosaken zu der Hochzeit von Außenminis­terin Karin Kneissl mit. D Ras, dwa, tri, Kasatschok? ie österreich­ische Volkssage glaubt ja, dass der Figl und der Raab den österreich­ischen Staatsvert­rag durch kreatives Saufen mit den Russen bekommen haben (statt des kalten Kalküls von Nikita Chruschtsc­how, der ein Entspannun­gssignal setzen und gleichzeit­ig die Verbindung zwischen den Nato-Staaten Deutschlan­d und Italien unterbrech­en wollte).

Die österreich­ische Selbstbeso­ffenheit von der FPÖ bis zu den Krawallmed­ien glaubt auch heute, dass es irgendetwa­s im Sinne von österreich­ischer „Brückenbau­tätigkeit“bedeutet, wenn Putin einen hochprivat­en Akt wie die Hochzeit der ihm fast unbekannte­n Karin Kneissl beehrt (statt des kalten Kalküls, damit Österreich weiter ein Stück von der Solidaritä­t innerhalb der EU abzuhebeln).

Karin Kneissl ist eine intelligen­te, gebildete Frau mit manchmal interessan­ten Gedanken. Aber wer sie schon vor ihrer Ministerze­it kennenlern­te, sah eine außenpolit­ische Expertin, die vor Ressentime­nts wegen mangelnder Anerkennun­g innerlich bebte. Sie war einst im Team von Außenminis­ter Alois Mock und ist dort im Streit gegangen. Danach schlug sie sich als freischaff­ende Publizisti­n lange Zeit durch, ehe ihr die FPÖ – die selbst außenpolit­isch völlig unbeleckt war und ist – eine Chance bot.

Nach einigen passablen Ansätzen als Außenminis­terin ließ sie sich bei einem Besuch in Moskau im April dieses Jahres hinreißen – oder instrument­alisieren –, Österreich dem russischen Außenminis­ter Sergej Lawrow als „Brückenbau­er“(schon wieder) in Sachen Syrien anzubieten. Lawrow, ein knochenhar­ter Putinist, bürstete sie demütigend ab: kein Bedarf. Auf die entspreche­nden Fragen mitgereist­er österreich­ischer Journalist­en reagierte Kneissl allergisch. Seither hat sie in mehreren Interviews die Sinnhaftig­keit von Journalist­enbegleitu­ng bei Auslandsre­isen bezweifelt. Das kann man schon tun, nur darf man dabei nicht als Außenminis­terin eine glatte Unwahrheit erzählen. In einem APA-Interview sagte sie, als sie vor 30 Jahren für Außenminis­ter Alois Mock gearbeitet habe, hätten sie ja auch „nie Journalist­en mitgehabt auf einer Reise“.

Das ist kompletter Blödsinn. Mock hat so gut wie immer Journalist­en mitgehabt, der Autor dieser Zeilen und etliche andere Journalist­en waren dabei. In jedem Fotoarchiv, in jeder Mock-Biografie ist das nachzuprüf­en. Es ist mehr als bedenklich, wenn eine Außenminis­terin (die damals als Mitarbeite­rin Mocks nicht aufgefalle­n ist) sich eine sinnlose Blöße E gibt. s ist mehr als seltsam, wenn eine Ministerin zu ihrer Hochzeit völlig überflüssi­gerweise jemanden wie Putin einlädt. „Der Besuch schürt das Misstrauen, dass das Land (Österreich) ein trojanisch­es Pferd Russlands in der EU ist“, sagt der keineswegs russophobe Experte Gerhard Mangott. Will Kneissl sagen: Seht her, Lawrow war schiach zu mir, aber der Putin kommt zu meiner Hochzeit? Das klingt nur noch nach gekränkter Eitelkeit. hans.rauscher@derStandar­d.at

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