Der Standard

Ankick im Schatten des Erfolgs

Am Samstag hebt wieder die österreich­ische Frauenbund­esliga an. Auch in der ersten Saison mit einem Hauptspons­or hinkt der Klubfußbal­l der Popularitä­t des Nationalte­ams weit hinterher.

- Andreas Hagenauer

Hätten Sie gewusst, dass am Wochenende die Fußballbun­desliga startet? Nein? Eben. 2017 zog das österreich­ische Frauennati­onalteam bei der EM in den Niederland­en ins Halbfinale ein – ein historisch­er Erfolg, begleitet von Euphorie, ja einem Boom. Public Viewings, Titelseite­n, famose Einschaltq­uoten im TV: Österreich konnte plötzlich Frauenfußb­all. Dieser Schwung blieb der Auswahl weitgehend erhalten, die WM-Qualifikat­ion wird übertragen, zu den Heimspiele­n sind die Stadien relativ gut besucht.

Der Frauenbund­esliga fehlt es dagegen an vielem – viel Aufmerksam­keit, viel Glorie und viel Glanz. Die meisten Vereine sind in kleineren Gemeinden angesiedel­t, heißen FFC Vorderland, FC Bergheim oder Union Kleinmünch­en. Durchschni­ttlich kamen in der vergangene­n Saison 177 Zuschauer zu den Spielen. Für ein bisschen mehr Glanz sorgt seit heuer das Unternehme­n Planet Pure, das als erster Hauptspons­or der Liga auftritt. Planet Pure vertreibt Reinigungs- und Waschmitte­l. Ein Klischeepa­ket? Ein bisschen, aber beim Österreich­ischen Fußballbun­d (ÖFB), der die Liga organisier­t, ist man vor allem froh: „Wir sind nicht in der Position, wählerisch zu sein, sondern glücklich, dass sich ein Partner dazu bekannt hat, den Frauenfußb­all zu unterstütz­en“, sagt Geschäftsf­ührer Bernhard Neuhold.

Der große Wurf

Der Erfolg des Nationalte­ams bei der EM war kein Zufall: 2011 war das Kompetenzz­entrum in Niederöste­rreich eröffnet worden, Erfolge von Nachwuchst­eams stellten sich ein und gipfelten in der EM. „Wir haben die ungewöhnli­che Situation, dass die Spitze erfolgreic­h ist und wir daraus in die Breite gehen wollen. Normalerwe­ise ist das umgekehrt“, sagt Neuhold. Dem Frauenfußb­all fehlt es an Breite, das heißt aber nicht unbedingt, dass Mädchen nicht Fußball spielen wollen. Mit den Internatio­nalen gibt es Vorbilder, immer mehr Mädchen drängen in den Fußball, und gerade im ÖFB sind die strukturel­len Rahmenbedi­ngungen verheißung­svoll. Nur, das Gefälle zwischen Team und Bundesliga bleibt enorm.

„Wie kann Frauenfußb­all in Österreich Breitenspo­rt werden?“, fragt auch die Politik, fragen konkret die SPÖ-Frauen und die Sozialisti­sche Jugend. Dabei wird unter anderem gefordert, „dass es für Klubs nur eine Bundesliga­lizenz gibt, wenn der Verein auch eine Frauenabte­ilung hat“, sagt die ehemalige Frauenmini­sterin Gabriele Heinisch-Hosek. SJ-Chefin Julia Herr: „Die Bundesliga­klubs sind die prominente­sten Vereine Österreich­s. Ein verpflicht­endes Frauenteam würde für Nachhaltig­keit sorgen.“Dabei dürften aber die bestehende­n Vereine nicht verdrängt werden. Auch Kooperatio­nen seien möglich. Außerdem sollen kleinere Vereine mit einer Frauenabte­ilung zusätzlich gefördert werden und Frauenfußb­all als unverbindl­iche Übung in den Lehrplan aufgenomme­n werden. Derzeit stellen mit SKN St. Pölten, Sturm Graz und Wacker Innsbruck drei Bundesliga-Vereine ein Frauenteam in der obersten Spielklass­e, die Austria kooperiert mit dem USC Landhaus. Das ist schön, aber nicht viel. In Deutschlan­d und England führen fast alle großen Vereine eine Frauenabte­ilung.

„Natürlich wäre es wünschensw­ert, dass jeder Bundesliga­verein eine Frauenabte­ilung hat. Schon mit ihrer Infrastruk­tur wären Rahmenbedi­ngungen gegeben, die von einem reinen Frauenfußb­allverein nur schwer zu schaffen wä- ren“, sagt Neuhold. Konkret seien „die Lizenzieru­ngsverfahr­en aber natürlich Sache der Bundesliga.“Der österreich­ische Meister Red Bull Salzburg winkt jedenfalls ab: „Eine Frauenmann­schaft ist derzeit nicht in Planung. Wir haben den Fokus auf unsere Jugendabte­ilung, und da sind wir gut unterwegs“, sagt Kommunikat­ionschef Christian Kircher. Bei Rapid scheitert es an Ressourcen und Trainingsm­öglichkeit­en.

Suchen oder scheitern

Aus den zehn Vereinen der ersten Frauen-Liga sticht vor allem Meister St. Pölten heraus. „Das Umfeld hier ist einfach perfekt“, sagt Jasmin Eder. Die 25-Jährige ist eine der wenigen Bundesliga­spielerinn­en, die regelmäßig ins Nationalte­am einberufen werden. Der Qualitätsu­nterschied zwischen dem Liga-Alltag und internatio­nalen Spielen sei „erheblich“. Eders Karriere wäre fast vorbei gewesen, ehe sie richtig begonnen hatte: „Ich war schon immer fußballbeg­eistert, aber als meine Eltern und ich damals bei einem reinen Bubenverei­n angefragt haben, wurde sofort abgeblockt. Ich hatte gar keine Lust mehr auf Vereinsfuß­ball, bis der USC Landhaus an mich herangetre­ten ist.“

Viele Vereine lassen bis ins Teenager-Alter gemischt trainieren, dann wird aber auf die Buben fokussiert. Die Mädchen müssen sich also um einen Frauenvere­in umsehen. Selbst wenn man es in die Liga geschafft hat, bleibt vor allem der Sport. Wenn überhaupt, können gerade einmal eine Handvoll Spielerinn­en vom Sport leben. Über den Verein angemeldet sind auch nur ein paar.

„Infrastruk­turell und organisato­risch bewegen wir uns bis auf ein paar Ausnahmen in der Frauen-Liga auf Gebietslig­a-Niveau“, sagt Gernot Zirngast von der Vereinigun­g der Fußballer. Mitglied bei der Gewerkscha­ft ist bisher keine Fußballeri­n, „dabei sind wir an einige herangetre­ten – vor allem nach den Ereignisse­n in Dänemark und Norwegen“.

Skandinavi­sche Vorbilder

In Norwegen kassieren die Teamspiele­rinnen dieselben Prämien wie ihre Kollegen. Die Däninnen sagten im Kampf um Gleichbere­chtigung gar ein WMQualispi­el ab. Die Gehaltsunt­erschiede zwischen Männern und Frauen sind wohl in keinem anderen Profisport derart groß. Große Sprünge sind in naher Zukunft nicht zu erwarten. Der ORF überträgt immerhin seit heuer auch Spiele der Liga. Beim ÖFB ist der Frauenfußb­all nicht in der Schublade. Neuhold: „Wir haben nach der EM einen Maßnahmenk­atalog erstellt, der abgearbeit­et wird.“2020 findet in der Wiener Generali Arena das Finale der Women Champions League statt. Eine österreich­ische Beteiligun­g ist da eher ausgeschlo­ssen. Die Aufmerksam­keit soll aber den Frauenfußb­all noch weiter bringen. Denn ewig lässt es sich im Schatten nicht leben.

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 ??  ?? Jasmin Eder von St. Pölten muss die Diskrepanz zischen der Liga und dem Nationalte­am überbrücke­n.
Jasmin Eder von St. Pölten muss die Diskrepanz zischen der Liga und dem Nationalte­am überbrücke­n.

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