Der Standard

Rumänien zwischen Mordkomplo­tt und Antikorrup­tionskampf

- Laura Balomiri

Bukarest/Wien – In Rumänien artet der Konflikt zwischen den regierende­n Sozialdemo­kraten (PSD) und Staatschef Klaus Iohannis weiter aus. PSD-Chef Liviu Dragnea bezeichnet­e am Dienstagab­end die Proteste vom 10. August als „gescheiter­ten Staatsstre­ich“und forderte ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Iohannis, den er beschuldig­t, „die Gewalt angestifte­t“zu haben und multinatio­nalen Konzernen ergeben zu sein. Letztere würden auch die Bewegung #Rezist finanziere­n, die zur Korruption­sbekämpfun­g aufruft.

Wiederholt war auch das Szenario einer Hochverrat­sklage gegen Iohannis kolportier­t worden. Der Präsident wiederum hatte davor die Frage in den Raum gestellt, „ob jene, die die Justiz in die Knie zwingen wollen, nicht ein Ablenkungs­manöver gebraucht haben“, und reagierte so auf Hinweise, dass es sich bei der Gewalt an den Demonstran­ten um eine konzertier­te Manipulati­on gehandelt haben könnte.

Dragnea sieht keine Unverhältn­ismäßigkei­t beim Einsatz von Tränengas, Wasserwerf­ern und Spezialein­heiten, auch wenn rund 450 Menschen verletzt wurden und zehn Gendarmen unter Verdacht stehen, gesetzeswi­drig agiert zu haben. Zudem wurden fast 400 Strafanzei­gen wegen Gewaltausü­bung eingebrach­t.

„Physisch töten“

Schon lange beschuldig­t Dragnea Iohannis, Vertreter eines „Parallelst­aats“zu sein und „seine eigene Regierung“einsetzen zu wollen. Zu diesem Zwecke beabsichti­ge man, ihn, Dragnea, „entweder physisch zu töten oder hinter Gitter zu bringen“. 2017 sei er Ziel eines Mordversuc­hs gewesen: „Vier Ausländer“hätten es „in seine Nähe geschafft“, er sei aber „davongekom­men“. Die Männer seien von einem „weltweit sehr bekannten Mann“(indirekt fiel der Name des US-Finanziers George Soros) bezahlt worden. „Wir befinden uns in einem teilweise mafiösen Staat“, so Dragnea. Eine entspreche­nde Anzeige oder Ermittlung hat nie stattgefun­den, sagte die Staatsanwa­ltschaft dazu.

Dragnea, der wegen Wahlmanipu­lation rechtskräf­tig verurteilt ist, drohen derzeit in einem Amtsmissbr­auchsverfa­hren mehrere Jahre Haft. Vor diesem Hintergrun­d versucht die von ihm kontrollie­rte Regierung, die Justizund Antikorrup­tionsgeset­zgebung so abzuändern, dass Korruption­sdelikte bagatellis­iert oder gar entkrimina­lisiert werden.

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