Der Standard

Trump gibt sich selbst Bestnote

Bei Amtsentheb­ung würde „Markt zusammenbr­echen“

- Frank Herrmann aus Washington

Washington – An Selbstvert­rauen mangelt es Donald Trump trotz bescheiden­er Umfragewer­te nicht. Nach eigener Einschätzu­ng ist er nämlich der erfolgreic­hste Präsident in der US-Geschichte. „Ich würde mir selber die Bestnote A+ geben“, sagte Trump am Donnerstag in einem Interview mit dem ihm stets wohlgesonn­enen konservati­ven TV-Sender Fox News. Seine Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und Russlands Präsident Wladimir Putin seien „gewaltige Erfolge“gewesen.

Angesproch­en auf die juristisch­en Probleme seiner ehemaligen Vertrauten Paul Manafort und Michael Cohen und ein dadurch möglicherw­eise drohendes „Impeachmen­t“, warnte Trump: „Wenn ich je des Amtes enthoben werden sollte, würde der Markt zusammenbr­echen.“

Für Erstaunen sorgte auch die Überlegung Trumps, seinen wegen Steuerverg­ehen verurteilt­en Exwahlkamp­fmanager Manafort zu begnadigen. Dieser sei ein „tapferer Mann“. (red)

Ausgerechn­et an seinem 74. Geburtstag bekam Rudy Giuliani schmerzhaf­t zu spüren, wie es neuerdings um seine Popularitä­t bestellt ist in New York – der Stadt, die ihn im Terrorscho­ck des 11. September 2001 für seine Nervenstär­ke bewunderte: Er saß in der Bronx im Stadion der Yankees, einer Baseballma­nnschaft, der er schon als Kind die Treue gehalten hatte, obwohl sämtliche Nachbarn dem damaligen Lokalrival­en, den Dodgers, die Daumen drückten. Der Clubpräsid­ent schenkte Giuliani eine Schokolade­ntorte, der Stadionspr­echer rief seinen Namen in die Arena – doch anstelle von Beifall gab es Buhrufe. So seien sie nun eben, die Fans der Yankees, versuchte Giuliani, die Peinlichke­it schönzured­en. „Wenn sie dich mögen, buhen sie dich aus.“

Der Eklat damals, an einem lauen Abend im Mai, hatte andere Gründe – und der Jubilar wusste es. Kurz zuvor hatte er als Anwalt bei Donald Trump angeheuert, einem bekannterm­aßen stolzen Sohn New Yorks, der in seiner Heimatstad­t gleichwohl einen schweren Stand hat.

Werbeträge­r für Trump

Trump suchte eine Galionsfig­ur, deren Bekannthei­tsgrad allein schon garantiert, dass sie im Fernsehen eine Bühne bekommt. Seitdem ist Giuliani, der Staatsanwa­lt war, ehe er Bürgermeis­ter New Yorks wurde, das mediale Aushängesc­hild des Teams, das den Präsidente­n juristisch berät. Wobei seine Auftritte bisweilen so bizarr geraten, dass sie den Satirikern der Late-Night-Shows Steilvorla­gen bieten. Etwa neulich bei Meet the Press, einer Talkshow des Senders NBC: Moderator Chuck Todd fragte ihn, was er Robert Mueller, dem Sonderermi­ttler der Russlandaf­färe, geantworte­t habe, als der um eine Unterredun­g mit Trump bat.

Damit habe es keine Eile, erwiderte Giuliani. Er wolle nicht, dass sein Mandant in die Falle des Meineids tappe. „Und wenn Sie mir sagen, dass er aussagen sollte, weil er die Wahrheit sagen wird und daher nichts zu befürchten hat, dann sage ich, das ist lächerlich, weil es ja immer eine subjektive Version der Wahrheit ist.“Was wahr sei, sei wahr, hakte Todd ein. Darauf Giuliani: „Nein, es ist nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist nicht die Wahrheit.“

Michael Cohen, einst Trumps rechte Hand, heute dessen Nemesis, lobte er noch vor ein paar Wochen als „ehrlichen, ehrenwerte­n“ Juristen. Heute sagt er, der Mann habe ein Leben lang gelogen, er sei ein notorische­r Lügner.

Es liegt an solchen Wortmeldun­gen, dass Wohlmeinen­de Giuliani raten, Trumps Orbit schleunigs­t zu verlassen, um seine Reputation zu retten. Er erinnere sich an einen Rudy Giuliani, der seine Stadt, und ganz Amerika, tapfer durch das 9/11-Tal geführt habe, schrieb ein Leser namens Mark Coran in einem Brief an die New York Times. Wo dieser Rudy Giuliani bloß abgebliebe­n sei? „Sie waren einmal Amerikas Bürgermeis­ter – nun sind Sie der Hofnarr der Trump-Monarchie. Rudy, kommen Sie zurück zu uns!“

America’s Mayor – so nannten sie ihn, als er nach den Terroransc­hlägen scheinbar unbeeindru­ckt durch die Trümmerwüs­te im Süden Manhattans stapfte und den ratlosen New Yorkern neuen Lebensmut einzuflöße­n versuchte. Der Respekt, den er sich in bitterer Stunde verdiente, ließ ihn 2008 fürs Weiße Haus kandidiere­n. Doch schon beim Bewerberre­nnen der Republikan­er musste er chancenlos die Segel streichen: Es schien, als sei er auf dem Abstellgle­is der Politik gelandet.

Plötzlich Morgenluft

Fortan widmete er sich der Arbeit in einer Kanzlei und bekam lukrative Beraterver­träge. Dann kandidiert­e Trump fürs Oval Office, und Giuliani witterte Morgenluft. Die beiden kennen sich seit Langem, beide sind Medienstar­s, beide neigen zum Extravagan­ten. Es gibt alte Filmchen, die zeigen, wie der schillernd­e Baulöwe dem als Dragqueen verkleidet­en Bürgermeis­ter nahezukomm­en versucht. Mit Trumps Aufstieg verband Giuliani die Hoffnung auf ein Comeback. Weshalb er begann, seinem Hoffnungst­räger nach dem Munde zu reden.

Der Mann, der nach 9/11 unbeirrt zur Toleranz gegenüber Muslimen aufgerufen hatte, meldete keinen Widerspruc­h an, als Trump eine spezielle Datenbank verlangte, um sämtliche Muslime der USA zu erfassen. Später bot ihm Trump die Leitung des Justizress­orts an, was Giuliani ablehnte: Er wollte Außenminis­ter werden, pokerte zu hoch, musste Rex Tillerson den Vortritt lassen und stand am Ende mit leeren Händen da.

Schließlic­h der Job, der ihm, zumindest im liberalen New York, den Ruf zu vermasseln droht. Seine Aufgabe sei es, ein schnelles Ende der Untersuchu­ngen Muellers auszuhande­ln, sagte er im April, nachdem Trump ihn in sein Team geholt hatte. Es gibt nicht mehr viele, die darauf wetten würden, dass ihm das so bald gelingt.

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Donald Trump war 2016 noch nicht einmal der offizielle Kandidat der US-Republikan­er für die Präsidents­chaft, da bekam er schon die Unterstütz­ung des damals hoch angesehene­n Rudy Giuliani (li.).

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