„Da wurde gelacht, gestritten, diskutiert“
2015 wurden dreimal so viele Asylanträge gestellt wie im Jahr davor. Rund 90.000 Menschen kamen nach Österreich. Freiwillige kümmerten sich von Beginn an um die Geflüchteten. Viele sind immer noch in Kontakt und helfen.
Sie hatte ein „chilliges Leben“, sagt die Keramikerin Doro Blancke, „einen schönen Schauraum“an der südsteirischen Weinstraße. 2014 begann sich das Leben der heute 57-Jährigen massiv zu ändern. Es begann mit einer Familie aus dem Libanon in einer Asylunterkunft in Leibnitz.
Der Vater und die vier Kinder wurden auf der Flucht von der Mutter getrennt. Blancke brachte ihnen Lebensmittel, als sie die weinende kleine Tochter trösten wollte und fragte, was sie sich wünsche. „Sie sagte nur, sie wolle ihre Mama. Das hat mich ins Herz getroffen“, erinnert sich Blancke.
Sie kümmerte sich bald täglich um die Familie, die heute glücklich samt Mutter in der Obersteiermark lebt, und organisierte für alle Schulplätze. Ab 2015 initiierte Blancke in Ehrenhausen, später in weiteren Dörfern regelmäßige Treffen für Flüchtlinge aus dem Irak, Afghanistan und Syrien, wo gemeinsam Kuchen und Kaffee gemacht wurden. „Ich habe auch die Dorfbewohner eingeladen, lang- sam kamen gleich viele Einheimische wie Flüchtlinge: Die Kinder spielten miteinander, es wurde musiziert, es war schön“, so Blancke. Und was hilft gegen Vorurteile und Ängste? „80 Prozent sind Dialog“, sagt die Helferin. Blancke half bisher mit einem Netz aus Helfern, Wirtschaftsleuten und der FH Joanneum, rund 180 Personen.
Heute lebt sie in einer WG in Graz mit zwei einstigen Flüchtlingen, die arbeiten und „Mitbewohner auf Augenhöhe“sind. Ihre Mutter, Cousins und Freunde unterstützen sie, auch ihre erwachsenen Kinder verstehen sie heute. „Es gab auch Krisen mit den Kindern, etwa als ich mein Auto verkaufen musste“, so Blancke, „aber ich habe ihnen Herzensbildung mitgegeben“. Sie habe „kein Helfersyndrom, aber es gibt so viel zu tun“.
Die Lage spitzte sich heuer zu. Sie betreue nun fast nur noch Afghanen, die Panik vor der Abschiebung haben. Hilfe für Betreuer, deren Schützlinge suizidgefährdet sind, haben Blancke und Mitstreiter auf fairness-asyl.at gesammelt.