Der Standard

Ellensohn peilt Stadtratsa­mt vor nächster Wahl an

David Ellensohn will die Nummer eins der Grünen in Wien werden. Bei der Wahl zum Spitzenkan­didaten für die Wien-Wahl rechnet er nicht mit Maria Vassilakou als Gegnerin. Der oder die Siegerin soll Vassilakou gleich ablösen.

- PORTRÄT: David Krutzler

Er musste danach gefragt werden, dann antwortete David Ellensohn aber bereitwill­ig. „Ja, ich werde kandidiere­n“, sagte der grüne Wiener Klubchef bei einem Presseterm­in, der sich eigentlich um Missstände beim Verkauf von gemeinnütz­igen Wohnungen drehte (Wirtschaft Seite 17). Dass Ellensohn schon länger auf die Rolle als Nummer eins bei den Grünen spitzt, war ein offenes Geheimnis. Die Frage, wann er offiziell in den internen Wahlkampf um die Spitzenkan­didatur seiner Partei für die nächste Wien-Wahl – geplant ist diese für das Jahr 2020 – einsteigt, hat sich mit Donnerstag erledigt.

Aufhorchen ließ Ellensohn aber mit einer Forderung: Wer auch immer bis Ende November von der Partei zur Spitzenkan­didatin oder zum Spitzenkan­didaten gekürt wird, soll sofort das Vizebürger­meisteramt und die Position des Verkehrsst­adtrats in der rot-grünen Stadtregie­rung übernehmen. „Ein starker Spitzenkan­didat soll die wichtigste Funktion der Grünen innehaben“, sagte er. Geht es nach Ellensohn, wird die Amtsinhabe­rin dann aber nicht mehr Maria Vassilakou heißen. Auf die Frage, ob er mit Vassilakou als Gegenkandi­datin rechne, sagte er dem STANDARD unmissvers­tändlich: „Nein.“

Kein Kommentar Vassilakou­s

Im Büro der Vizebürger­meisterin wollte man die Aussage Ellensohns nicht weiter kommentier­en. Es gelte, was schon seit geraumer Zeit kommunizie­rt wird: Vassilakou überlege noch und werde sich zu gegebener Zeit äußern. Bewerbunge­n sind seit Montag möglich, die Anmeldefri­st läuft bis zum 4. September.

Ellensohn ist nach dem Gemeindera­t Peter Kraus (31), dem früheren Büroleiter von Vassilakou und Vertrauten der Stadträtin, der zweite Grüne, der sich in die interne Wahlausein­anderset- zung wirft. „Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich der Beste bin“, sagte der 55-Jährige. Ellensohn rechnet aber damit, „dass es mehr als zwei Kandidaten geben wird“. Bundesräti­n Ewa Dziedzic, sie ist auch Frauenspre­cherin der Wiener Grünen, will am Freitag bekanntgeb­en, ob sie antritt.

Sein Konzept will Ellensohn erst Anfang September vorstellen, wenn alle Kontrahent­en bekannt sind. Nur so viel: Ellensohn dürfte sein Profil auch durch mehr öffentlich­e Kritik am roten Koalitions­partner schärfen. „Die SPÖ ist es noch immer gewohnt, Entscheidu­ngen allein zu treffen“, sagte er etwa am Donnerstag.

Die Grünen müssten in der Koalition „selbstsich­erer auftreten“. Bei der U-Kommission zum Kran- kenhaus Nord ortet Ellensohn Verbesseru­ngsbedarf. Oder übersetzt: Die Wiener SPÖ stellt nicht alle gewünschte­n und notwendige­n Informatio­nen zur Verfügung. Die Informatio­nspolitik habe sich auch unter dem neuen SPÖ-Team „nicht geändert“.

Ellensohn deckt innerhalb der linken Partei den linken Flügel ab und will diese mediale Zuschrei- bung auch nicht korrigiere­n. Kraus zählt mit Vassilakou eher zur gemäßigter­en Fraktion, die vor einer möglichen Eskalation lieber auf Kompromiss­e setzt.

Die Grenzen freilich sind bei so manchen Themen nicht immer klar: So stimmte Ellensohn – nach dem Nein der grünen Basis gegen das umstritten­e Hochhauspr­ojekt am Heumarkt – im Gemeindera­t ebenfalls für die Umwidmung. Am Donnerstag sagte er: „Niemand würde das Projekt Heumarkt noch einmal so machen.“Es sei „kein grünes Vorzeigepr­ojekt“. Kraus steht hingegen weiterhin hinter der Entscheidu­ng, das Bauvorhabe­n zu unterstütz­en.

Ellensohn wurde als Sohn einer Engländeri­n in London geboren, wuchs aber in Vorarlberg auf und zog als 20-Jähriger nach Wien. Vor und noch während seiner politische­n Karriere, die er 1996 als Bezirksrat in Rudolfshei­m-Fünfhaus begann, war der Fan des Fußballver­eins FC Liverpool Redakteur bei der Sportzeitu­ng. 2001 wechselte Ellensohn hauptberuf­lich in den Gemeindera­t, 2004 wurde er anstelle Vassilakou­s nicht amtsführen­der Stadtrat.

Bisher klare Rollenvert­eilung

Seither gelten die beiden als Gespann, die Rollen sind klar verteilt: Vassilakou auf Platz eins, Ellensohn auf Rang zwei. Als Vassilakou 2010 unter Rot-Grün I zur Vizebürger­meisterin aufstieg, übernahm er ihren Posten als Klubchef. Jetzt hofft Ellensohn, einmal noch Vassilakou nachfolgen zu können.

Bis 4. September müssen die Kandidaten Unterstütz­ungserklär­ungen sammeln, ehe die Wahl unter Mitglieder­n und angemeldet­en Sympathisa­nten brieflich erfolgt. Das Ergebnis soll Ende November und also knapp vor dem Landespart­eitag feststehen. Ellensohn hofft auf die Liverpool-Hymne: You’ll Never Walk Alone.

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David Ellensohn (55) bewirbt sich um Listenplat­z eins bei den Wiener Grünen.

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