Der Standard

Nachwuchs im Falkenhors­t

Mit Robert Holzmann übernimmt ein renommiert­er Pensionsex­perte die Nationalba­nk. In Sachen Geldpoliti­k ist er ein unbeschrie­benes Blatt. Das wirft die Frage auf, welche Position Österreich in der EZB künftig verfolgt.

- Leopold Stefan

Falkenhors­t oder Taubenkobe­l? Das ist in diesem Fall keine Frage für Ornitholog­en oder Gourmets, sondern stellt sich aktuell den Beobachter­n der künftigen Ausrichtun­g der Oesterreic­hischen Nationalba­nk im Euroraum. Als Falken werden Anhänger einer weniger lockeren Geldpoliti­k und somit höherer Zinsen bezeichnet. Die Tauben hingegen stehen für die aktuelle Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) und das ausgedehnt­e Anleihekau­fprogramm.

Mit der Designieru­ng des Ökonomen Robert Holzmann durch die FPÖ steht künftig ein in geldpoliti­schen Belangen unbeschrie­benes Blatt an der Spitze der heimischen Währungshü­ter. Ein Indiz: Der künftige Gouverneur bezeichnet­e sich in der Vergangenh­eit als wirtschaft­sliberal.

Dabei mangelt es dem 69-Jährigen nicht an internatio­nalem Renommee: Der gebürtige Leobner studierte Wirtschaft­swissensch­aft in Graz und Grenoble. An der Uni- versität Wien habilitier­te Holzmann 1983 mit einer Arbeit zur Einkommens­verteilung über den Lebenszykl­us. Damals war Holzmann Assistent des heutigen Bundespräs­identen Alexander Van der Bellen. Dessen politische­m Engagement, damals in der SPÖ, eiferte Holzmann nicht nach.

Stattdesse­n zog es den Pensionsex­perten in die weite Welt. Nach Posten bei der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g und beim Internatio­nalen Währungsfo­nds startete Holzmann eine Karriere bei der Weltbank, wo der Steirer zwischenze­itlich sogar als SeniorVice-Präsident fungierte.

Betrachtet man seine lange Publikatio­nsliste, steht Holzmann für einen Umbau der Altersvors­orge von einem Umlagesyst­em auf ein Mischsyste­m, das demografis­che Herausford­erungen nicht nur mit zusätzlich­en Budgetmitt­eln begegnet, sondern eine Anpassung von Renten und Antrittsal­tern einbezieht. Jüngst befasste er sich als Herausgebe­r eines Sammelband­es auch mit der Nachhaltig­keit der Staatsvers­chuldung.

Seine Arbeit auf geldpoliti­sche Absichten zu übertragen ist gewiss gewagt. Doch die Sorge um nachhaltig­en Schuldenab­bau und die negativen Anreize, die da von der aktuellen EZB-Politik ausgehen, spricht eher für einen neuen Falken aus Österreich.

Damit würde die OeNB jedoch keine Wende vollziehen. Auch der von der SPÖ nominierte aktuelle Gouverneur Ewald Nowotny hat die Position eines ehemaligen Hartwährun­gslandes im EZB-Rat vertreten. Doch wie Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen Nowot- ny und dem deutschen Bundesbank­chef Jens Weidmann über die Dringlichk­eit des Anleihekau­fprogramme­s 2014 zeigen, gibt es auf der Falken-Front noch Luft nach oben für Österreich. Zumal Weidmann als wahrschein­licher Draghi-Nachfolger gilt, hätte Holzmann einen Verbündete­n auf dem Chefsessel der EZB.

Poker um Posten

Dass ein seit Jahrzehnte­n im Ausland wirkender Entwicklun­gsökonom auf einem FPÖ-Ticket für den OeNB-Gouverneur landet, ist nicht nur seiner Kompetenz geschuldet. Holzmann war mit Jörg Haider befreundet und aktiv im liberalen Atterseekr­eis innerhalb der Partei. Dort versammelt­en sich ab den 70er-Jahren vor allem Liberale die ihre Ideen in der programmat­isch noch nicht so gefestigte­n freiheitli­chen Partei durchsetze­n wollten. Ein Versuch, der bekanntlic­h durch Jörg Haider vereitelt wurde. Da war Holzmann jedoch bereits im Ausland gestartet. Für die FPÖ galt er weiter als stille Reserve. Unter Schwarz-Blau I wollte Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser Holzmann als Chef des Wirtschaft­sforschung­sinstituts einsetzen, vergeblich.

Dass es der FPÖ diesmal bei der OeNB gelang, den mächtigere­n Gouverneur zu besetzen, ist auf zweiten Blick weniger überrasche­nd. Der Koalitions­partner hat mit der Besetzung des OeNB-Präsidente­n durch WKO-Chef Harald Mahrer einen Kandidaten, der gar keine Zeit für Geldpoliti­k hat.

Welches ÖVP-interne Kalkül hinter der Entscheidu­ng für Mahrer steckt, bleibt jedoch Spekulatio­nssache. Jedenfalls hat es ExÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er überrascht. Eigentlich habe man ihm Posten angeboten, sagte er in Die Presse. Mahrer selbst hätte ihm Unterstütz­ung zugesagt.

Als OeNB-Gouverneur kann Robert Holzmann über dem politische­n Geplänkel stehen. Geldpoliti­k ist formal unabhängig, zumindest von Wien.

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Foto: Chantale Holzmann Robert Holzmann (69), der Weltbankök­onom, übernimmt die OeNB.

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