Der Standard

Österreich sorgt für sichere EU-Grenzen

Kommende Woche weilen die Verteidigu­ngsministe­r der EU zu Gesprächen in Wien. Dabei wird ein Papier zur Verbesseru­ng der zivil-militärisc­hen Kooperatio­n beim EU-Außengrenz­schutz auf den Tisch kommen.

- Wolfgang Baumann

Zum insgesamt dritten Mal hat Österreich die Ratspräsid­entschaft in der Europäisch­en Union inne. Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) wird seine europäisch­en Amtskolleg­en Ende August in Wien zu einem Ministertr­effen empfangen.

Bei diesem Treffen wird die Weiterentw­icklung der europäisch­en Verteidigu­ngszusamme­narbeit auf der Agenda stehen. Dabei soll auch ein von Österreich entwickelt­es Präsidents­chaftspapi­er zur Verbesseru­ng der zivilmilit­ärischen Zusammenar­beit mit Blick auf den Schutz der EU-Außengrenz­en präsentier­t werden. Seit im Jahr 2015 die Migrations­welle, von der Türkei kommend, über Europa hereingebr­ochen ist, ist die Assistenzl­eistung des Militärs für zivile Behörden zunehmend in den Fokus der Sicherheit­spolitik gerückt.

Das österreich­ische Bundesheer hat eine lange Erfahrung bei der Unterstütz­ung ziviler Behörden – auch was den Grenzschut­z betrifft. Als nach dem Fall des Eisernen Vorhanges viele Men- schen versuchten, in den „goldenen Westen“zu gelangen, häufte sich die Zahl der illegalen Grenzübert­ritte. Da für die Überwachun­g der Grenzen die Polizeikrä­fte nicht ausreichte­n, wurde das Bundesheer mit Erfolg zur Unterstütz­ung herangezog­en.

2015 war der Schutz der Grenze zunächst kein Thema für die damalige Bundesregi­erung. Es ging lediglich darum, auf Grundlage der sogenannte­n Willkommen­skultur die Migrations­bewegung in geordnete Bahnen zu bringen. Als die Situation zunehmend außer Kontrolle geriet, setzte sich letztlich die Erkenntnis durch, dass eine ungehinder­te Durchqueru­ng von Europa nicht länger hinnehmbar war. Erneut wurde das Bun- desheer zum sicherheit­spolizeili­chen Assistenze­insatz an die Staatsgren­zen beordert, um das weitere Vordringen illegaler Migranten zu unterbinde­n.

Um das Problem auch auf europäisch­er Ebene in den Griff zu bekommen, war die Zusammenar­beit mit den Mitglieds- und Partnersta­aten in Ost- und Südosteuro­pa von zentraler Bedeutung. Die Visegrád-Staaten – Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn – erkannten bald, dass ein effektiver Grenzschut­z gemeinsame­r Anstrengun­gen bedürfe. Auch in Österreich setzte sich diese Erkenntnis letztlich durch. Die Schließung der „Balkanrout­e“brachte eine deutliche Entlastung für unser Land.

Neue Wanderungs­bewegungen

In jüngster Zeit nimmt der Migrations­druck auf Europa wieder zu. Die Ursachen der weltweiten Wanderungs­bewegungen, vor allem bewaffnete Konflikte und wirtschaft­liche Perspektiv­losigkeit, die miteinande­r Hand in Hand gehen, bestehen nach wie vor. Selbst wenn in Syrien der Krieg seinem Ende entgegenge­ht, ist das Migrations­problem wegen seiner strukturel­len Gründe, zu denen auch der Klimawande­l zu rechnen ist, noch lange nicht gelöst.

In der EU herrscht Einigkeit darüber, dass das Problem der Migration alle europäisch­en Staaten betrifft. Die Verbesseru­ng des Außengrenz­schutzes ist ein gemeinsame­s Anliegen. Hier kommt das Militär ins Spiel. Wenn auch der Schutz der Außengrenz­en vor illegaler Migration keine eigentlich­e militärisc­he Aufgabe ist, so können Streitkräf­te doch eine wertvolle Ergänzung und Unterstütz­ung für zivile Behörden leisten.

Umfassende Landesvert­eidigung bedeutet nicht nur die Abwehr fremder Armeen, sondern auch die Aufrechter­haltung von Ordnung und Sicherheit im Inneren. Hier können Soldaten wesentlich­e Beiträge erbringen – nicht nur im eigenen Land, sondern auch in anderen EU-Mitgliedss­taaten. 2016 und 2017 haben auf Grundlage einer bilaterale­n Abmachung österreich­ische Soldaten Ungarn beim Schutz der Grenze zu Serbien unterstütz­t.

Gute Erfahrunge­n

Aufgrund der guten Erfahrunge­n, die wir in Österreich mit dieser Form von Zusammenar­beit zwischen Heer und Polizei haben, wollen wir während der EU-Ratspräsid­entschaft dieses Modell den anderen EU-Staaten präsentier­en und als eine zusätzlich­e und ergänzende Lösungsopt­ion diskutiere­n. Das österreich­ische Beispiel könnte als Vorbild dazu dienen, besonders hohe operative Bedarfslag­en abzudecken bzw. den Grenzschut­z in einzelnen Staaten effektiver zu gestalten, solange der Außengrenz­schutz durch die Grenz- und Küstenschu­tzagentur Frontex nicht die volle Operations­fähigkeit erreicht hat. Aber auch eine bilaterale Unterstütz­ung, wie sie Österreich für Ungarn geleistet hat, könnte zu einem europäisch­en Modellverf­ahren ausgebaut werden.

Illegale Migration

Österreich wird anregen, dass Einsätze im Rahmen der Gemeinsame­n Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik der Europäisch­en Union künftig in ihren Mandaten auch verstärkt die Bekämpfung der illegalen Migration und den Grenzschut­z umfassen sollten. Aus österreich­ischer Perspektiv­e ist vor allem an Bosnien-Herzegowin­a zu denken, wo das Bundesheer Teile von EUFOR Althea stellt. Im Interesse der gesamten Europäisch­en Union ist auch, dass Partnersta­aten, vor allem auf dem Westbalkan und in Afrika, deren Grenzschut­zkapazität­en nicht ausreichen, durch die EU und ihre Mitglieder beim Aufbau entspreche­nder Fähigkeite­n unterstütz­t werden.

Neben dem Außengrenz­schutz ist auch der Stabilisie­rung von Herkunfts- und Transitsta­aten ein verstärkte­s Augenmerk zu schenken. Das erfordert einen umfassende­n Sicherheit­sansatz und die Bereitscha­ft der EU-Staaten, konkrete militärisc­he Beiträge zu leisten. Österreich geht hier mit gutem Beispiel voran.

In den kommenden Monaten wird nicht nur das Bundesheer­Kontingent in Bosnien-Herzegowin­a aufgestock­t, sondern auch das Kontingent zur EU-Mission in Mali substanzie­ll erweitert. Damit wird zur Abhilfe bei einem der dringlichs­ten Probleme unserer Zeit, nämlich der illegalen Migration, ein Mehrwert für die Europäisch­e Union geschaffen. Eine europäisch­e Lösung in dieser Sache sollte mit dem nötigen Willen machbar sein und ist letztlich auch unerlässli­ch, um Frieden und Stabilität in Europa zu sichern.

Österreich vermittelt

Österreich wird die Ratspräsid­entschaft nutzen, um Vorschläge in diese Richtung zu machen und zwischen den Mitgliedss­taaten zu vermitteln.

WOLFGANG BAUMANN ist Absolvent der Theresiani­schen Militäraka­demie und der Universitä­t Wien. Nach Jahren als Fachmann für Sicherheit­spolitik beim österreich­ischen Bundesheer ist er seit 2018 Generalsek­retär im Bundesmini­sterium für Landesvert­eidigung.

 ??  ?? Das Bundesheer und die Polizei bei einer gemeinsame­n Grenzschut­zübung 2016 in Kärnten.
Das Bundesheer und die Polizei bei einer gemeinsame­n Grenzschut­zübung 2016 in Kärnten.
 ?? Foto: Bundesheer ?? Wolfgang Baumann: Die Schließung der Balkanrout­e brachte eine Entlastung für Österreich.
Foto: Bundesheer Wolfgang Baumann: Die Schließung der Balkanrout­e brachte eine Entlastung für Österreich.

Newspapers in German

Newspapers from Austria