Der Standard

Hohe Hürden für die Absetzung Trumps

Seit einigen Tagen wird wieder häufig über ein mögliches Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen den US-Präsidente­n diskutiert. Der Weg dorthin wäre aber ein steiniger.

- Frank Herrmann aus Washington

Ob ein amerikanis­cher Präsident seines Amtes enthoben werde, liege zunächst allein daran, wie das Repräsenta­ntenhaus die Sache sehe, hat Gerald Ford einmal gesagt: ob die Kammer der Meinung sei, dass seine Taten durch ein Impeachmen­t geahndet werden müssten. Die Einschätzu­ng stammt aus dem Jahr 1970. Ford war damals noch nicht US-Präsident, er war Fraktionsc­hef der Republikan­er, der parlamenta­rischen Minderheit, in der Abgeordnet­enkammer. Seitdem ist seine prägnante Bewertung nicht mehr wegzudenke­n aus dem Zitatensch­atz der US-Politik. Wann immer das Wort Impeachmen­t die Runde macht, dürfen Fords lakonische Sätze in der Debatte nicht fehlen.

In diesen Tagen erleben die USA einen solchen Moment. Nachdem nun auch der Verleger David Pecker bereit zu sein scheint, in der Affäre um Schweigege­ldzahlunge­n an das Playboy- Model Karen McDougal gegen Donald Trump auszusagen, ist immer häufiger vom Impeachmen­t die Rede, von einem Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump. Am Freitag meldete das Wall Street Journal, dass nun auch der langjährig­e Finanzchef der Trump Organizati­on, Allen Weisselber­g, mit der Justiz zusammenar­beiten wolle.

Trump ließ McDougal und auch der Pornodarst­ellerin Stephanie Clifford sechsstell­ige Dollarsumm­en zahlen, um kurz vor dem Votum des Novembers 2016 ihr Schweigen über angebliche Affären zu erkaufen. Man könne darin durchaus einen Bestechung­sver- such mit dem Ziel der Wahlbeeinf­lussung sehen, doziert Cass Sunstein, Harvard-Rechtsprof­essor. Und wenn ein Kandidat zum Mittel der Bestechung greife, um ins höchste Staatsamt zu gelangen, sei dies ein Vergehen, das zur Amtsentheb­ung führen könne. Joshua Matz, Experte für Impeachmen­t-Fragen, sieht es ähnlich. Das Szenario, dass sich ein Bewerber fürs Oval Office „korrupter Instrument­e“bediene, um eine Wahl für sich zu entscheide­n, habe die Generation George Washington­s und Thomas Jeffersons erst veranlasst, das Amtsentheb­ungsverfah­ren in den Gründungsk­anon der Republik aufzunehme­n.

Nur machen Fords eingangs zitierte Worte den Knackpunkt deutlich: Es handelt sich um eine poli- tische Entscheidu­ng, nicht im engen Sinne um eine juristisch­e. Solange Trump im Weißen Haus residiert, muss er nicht mit Strafverfo­lgung rechnen, da er de facto Immunität genießt. Die Verfassung – in diesem Punkt sind sich die Rechtsgele­hrten weitgehend einig – erlaubt es nicht, gegen einen amtierende­n Präsidente­n ein Strafverfa­hren zu eröffnen.

Midterms im November

Die politische Gemengelag­e ist einigermaß­en klar: Soll die Impeachmen­t-Lawine ins Rollen gebracht werden, müssten die Republikan­er bei der Kongresswa­hl im November ihre Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus verlieren. Denn dass sich die „Grand Old Party“gegen den eigenen Präsidente­n stellt, ist unwahrsche­in- lich. Schon deshalb, weil Abgeordnet­e, die auf Distanz zu ihm gehen, damit rechnen müssen, den Zorn der Basis auf sich zu ziehen. Ein solches Risiko einzugehen, hat sich bisher kaum einer getraut. Das kann sich ändern, falls ein Rutschbahn­effekt eintritt, wie er 1974 bei Richard Nixon zu beobachten war. Vorläufig aber deutet nichts auf eine innerparte­iliche Revolte.

Bliebe ein von den Demokraten angestreng­tes Verfahren – was voraussetz­t, dass sie nach den Midterm-Wahlen im House of Representa­tives das Sagen haben. Um den Stein ins Rollen zu bringen, müsste zunächst der Justizauss­chuss der Kammer mehrheitli­ch für ein Impeachmen­t stimmen. Dem folgte ein Votum aller 435 Abgeordnet­en, bei dem eine einfa- che Mehrheit reichen würde. Im Senat, der nächsten Instanz, wäre eine Zweidritte­lmehrheit nötig, um den Staatschef tatsächlic­h zum Rücktritt zu zwingen.

Wie hoch die Latte liegt, macht ein Blick in die Geschichts­bücher deutlich. 1868 ging es um Andrew Johnson, der bezüglich der hart erkämpften Rechte befreiter Sklaven bremste. Die Senatoren entschiede­n knapp, ihn im Amt zu belassen. 1998 war es Bill Clinton, der im Fall Monica Lewinsky unter Eid gelogen hatte und deshalb sein Amt verlieren sollte. In Zeiten, in denen die Wirtschaft boomte, fand sich im Senat keine Zweidritte­lmehrheit. Richard Nixon kam der sicheren Amtsentheb­ung zuvor, indem er 1974 auf dem Höhepunkt des WatergateS­kandals zurücktrat.

 ??  ?? US-Präsident Donald Trump ist in Schwierigk­eiten. Mehrere frühere Wegbegleit­er haben sich von ihm abgewandt oder sind in die Mühlen der Justiz geraten. Ob es zu einem Impeachmen­t-Verfahren gegen Trump kommen könnte, hängt auch von den Kongresswa­hlen im November ab.
US-Präsident Donald Trump ist in Schwierigk­eiten. Mehrere frühere Wegbegleit­er haben sich von ihm abgewandt oder sind in die Mühlen der Justiz geraten. Ob es zu einem Impeachmen­t-Verfahren gegen Trump kommen könnte, hängt auch von den Kongresswa­hlen im November ab.

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