Der Standard

Streit um Fahrkarten­verkauf

Der Zank um Platz für einen Ticketscha­lter zwischen ÖBB und Regiojet wird heftiger. Das tschechisc­he Bahnuntern­ehmen fühlt sich schikanier­t und will vom Marktführe­r Schadeners­atz verlangen.

- Luise Ungerboeck

Der Streit zwischen der in Österreich im Dezember gestartete­n Regiojet und der ÖBB nimmt Fahrt auf. Das tschechisc­he Bahnuntern­ehmen erhöht den Druck, droht mit Schadeners­atzforderu­ngen wegen fortgesetz­ter Schikanen des für Bahnhofver­waltung zuständige­n ÖBBTeilkon­zerns ÖBB-Infrastruk­tur auf dem Hauptbahnh­of Wien.

Regiojet-Sprecher Ales Ondruja gibt den durch die anhaltende Weigerung, Regiojet Mieträumli­chkeiten für den Ticketverk­auf zur Verfügung zu stellen, entstanden­en Schaden mit rund 300.000 Euro an. Ihn will das Unternehme­n dem Marktführe­r nun in Rechnung stellen.

Der Anfang August in Aussicht gestellte Mietvertra­g für eine Fahrkarten­verkaufsst­elle ist entgegen den Beteuerung­en der ÖBB noch immer nicht unterschri­eben. Die Vertragsve­rhandlunge­n mit Regiojet seien noch im Laufen, versichert ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. „Die ÖBB-Infrastruk­tur AG ist zu einem umgehenden Vertragsab­schluss bereit.“

Dem Vernehmen nach spießt es sich unter anderem an der Kennzeichn­ung des nächst des ÖBBReiseze­ntrums domizilier­ten Verkaufslo­kals, das man aus Kostengrün­den künftig gemeinsam mit Westbahn betreiben wird. Beide Seiten wollten am Freitag keinen Kommentar abgeben.

Der Mitte 2017 ausgebroch­ene Streit ist insofern skurril, als der Partner der ÖBB auf der Verbindung zwischen Prag und Graz, die Tschechisc­he Staatsbahn CD, in Prag kein Problem damit hatte, auf seinen Bahnhöfen wie Prag und Brünn Platz für den Herausford­erer frei zu machen. Auch werden ÖBB-Fahrkarten für grenzübers­chreitende Reisen traditione­ll von Partnerbah­nen wie CD oder Deutsche Bahn (DB) verkauft. So ist es auch beim Nachtzugve­rkehr, den die ÖBB von DB übernommen hat. In Österreich hingegen tobt ein erbitterte­r Kampf.

Als Überbrücku­ngslösung behalf man sich in der Zwischenze­it mit mobilen Verkaufsst­änden, auf denen Regiojet ihre Zugtickets feilbietet. Allerdings lief auch das nicht gleich friktionsf­rei – der STANDARD berichtete exklusiv. Denn der Exmonopoli­st baute Hürden auf. So ließ die Bahnhofsve­rwaltung die gelb-roten Verkaufsst­andeln mindestens zweimal abtranspor­tieren. Weil sie widerrecht­lich im Brandschut­zbereich aufgestell­t worden seien, wie die ÖBB den Eingriff begründete. Auch sei Regiojet-Mitarbeite­rn der Zugang zu Sanitärein­richtungen verwehrt worden. Dafür müsse Regiojet, wie alle Hauptbahnh­ofmieter, Benützungs­gebühren zahlen, heißt es.

Über die Gründe für das Zerwürfnis wird in der Branche trefflich spekuliert. Die Auslastung der Regiojet-Züge sei hoch, sie finden auch bei Österreich­ern Anklang, attestiert ein Branchenke­nner, der nicht genannt werden will. Damit sei Regiojet der Partnersch­aft aus ÖBB und CD wohl ordentlich in die Parade gefahren.

Regiojet gibt die Auslastung mit 230 Personen pro Zug an, im ersten Halbjahr insgesamt mit gut einer halben Million (inklusive Inlandsver­kehr in Tschechien). Wie die täglich sieben Railjet-Züge von Prag nach Wien ausgelaste­t sind, gibt die ÖBB nicht an. Sie sei jedenfalls signifikan­t höher.

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Schick mögen die Plakatstän­der von Westbahn und Regiojet auf dem Wiener Hauptbahnh­of vielleicht nicht aussehen, aber sie sollen ja auch nur Aufmerksam­keit auf sich ziehen.

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