Der Standard

Kritik an Kürzungen in der Asylbetreu­ung

Aufgrund rückläufig­er Asylantrag­szahlen wird in der Tiroler Flüchtling­sbetreuung massiv eingespart. Viele Kürzungen, wie jene bei den Deutschkur­sen, stoßen auf Unverständ­nis.

- Steffen Arora

Vergangene Woche hat Barbara Schmid von ihrer Kündigung erfahren. Die 28jährige Vorarlberg­erin ist seit zwei Jahren als Deutschleh­rerin am Berufsförd­erungsinst­itut (BFI) in Innsbruck angestellt, wo sie im Auftrag des Arbeitsmar­ktservice (AMS) Deutschkur­se für Asylwerber durchführt. Der Jobverlust ist für die Volksschul­pädagogin und Fotografin keine persönlich­e Katastroph­e: „Es ist natürlich schade, aber ich finde schon was.“Zurück zu den Taferlklas­slern zieht es sie nicht, sie will sich wieder mehr der Fotografie widmen.

Viel schlimmer sei ihre Kündigung für ihre Schüler, sagt Schmid. „Deutschkur­se sind eines der wichtigste­n Instrument­e für die erfolgreic­he Integratio­n“, erklärt die Lehrerin. Dass die türkisblau­e Regierung genau hier den Sparstift ansetze, hält Schmid für den falschen Weg: „Das ist sehr kurzsichti­g und ein Armutszeug­nis für Österreich.“Von ursprüngli­ch 30 Deutschleh­rern am BFI Innsbruck werden nur 15 übrig bleiben, erzählt Schmid von der aktuellen Kündigungs­welle.

Schon im April hatten Bildungsin­stitute in ganz Österreich vor einem bevorstehe­nden Mitarbeite­rabbau im Ausmaß von rund 30 Prozent gewarnt. Grund dafür sind Budgetkürz­ungen des AMS. Denn die Regierung will insgesamt rund 105 Millionen Euro bei den AMS-Deutschkur­sen einsparen. Von insgesamt rund 8000 Deutschtra­inerinnen in ganz Österreich müsse jede fünfte um ihren Job bangen, warnte die Gewerkscha­ft schon damals. Beim BFI beschwicht­igte man im April noch, dass die Stellenstr­eichungen weniger dramatisch ausfallen würden als angenommen.

Dass diese Sparmaßnah­men der Regierung mit geplanten Verschärfu­ngen bei der Mindestsic­herung einhergehe­n, die für Asylberech­tigte wiederum an Deutschken­ntnisse gekoppelt werden sollen, ist für Schmid widersinni­g. Sie hat 2015 begonnen, sich als Freiwillig­e für Asylwerber zu engagieren, und dieses Engagement 2016 zum Beruf gemacht: „Ich würde mir wünschen, dass die Verantwort­lichen ihren Zugang zum Thema ändern.“

Während die umstritten­e AMS-Kürzungen bei den Deutschkur­sen Flüchtling­e betreffen, die bereits im Land sind, wird in Tirol angesichts stark rückläufig­er Ankunftsza­hlen die Infrastruk­tur für Asylwerber in Landesbetr­euung massiv zurückgeba­ut. Wie die zuständige Sozialland­esrätin Gabriele Fischer (Grüne) Mitte August mitteilte, wird der Mitarbeite­rstand bei den Tiroler Sozialen Diensten (TSD), eine hundertpro­zentige Tochterfir­ma des Landes, an die die Flüchtling­sbetreuung ausgelager­t wurde, bis Ende 2019 um rund 150 Stellen auf 80 reduziert.

Die Kündigunge­n seien der stark rückläufig­en Zahl von Asylanträg­en geschuldet, erklärte Fischer. Man rechne bis Ende 2019 damit, dass die Anzahl der Anträge um 70 Prozent zurückgehe. Bis dahin werden, so Schätzunge­n des Landes Tirol, nurmehr zwischen 1500 und 2000 Asylwerber in Tirol sein. Daher sei eine Anpassung der Strukturen bei den TSD unausweich­lich, so Fischer. Man werde aber weiterhin Integratio­nsangebote sowie Krisenplät­ze für unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e „in ausreichen­dem Ausmaß zur Verfügung stellen“, betonte die grüne Integratio­nslandesrä­tin.

Die 2014 erfolgte Auslagerun­g der Flüchtling­sbetreuung in die landeseige­nen TSD hatte immer wieder für Kritik gesorgt. Mit den nunmehrige­n Einsparung­en solle auch diese Struktur überdacht werden, fordert die Opposition.

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Foto: privat Barbara Schmid verliert wegen AMS-Kürzungen ihren Job.

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