Kurz: Wichtigstes Ziel im EU-Vorsitz ist die Stärkung des Miteinanders
Bundeskanzler nennt seine Prioritäten für Herbstarbeit: Fortschritte bei Migration und Brexit, Festigung der Rechtsstaatlichkeit
Alpbach – Bei allen Problemen, mit denen die EU durch die geopolitischen Herausforderungen und den digitalen Wandel zu kämpfen hat, gebe es doch einigen Grund für ein europäisches Selbstbewusstsein, meint Sebastian Kurz. Die EU sei insgesamt ein Erfolgsmodell. Man müsse nun die Fundamente „ohne eitlen nationalen Stolz, mit Dankbarkeit für das Geleistete und Verantwortungsbewusstsein“bewahren, sie zum Positiven weiterentwickeln.
Mit diesem Grundbekenntnis will der österreichische Regierungschef, der seit 1. Juli das Amt des EU-Ratspräsidenten innehat, in die Herbstarbeit gehen, wie er bei einem Auftritt beim Forum Alpbach am Montag sagte. Dort skizzierte er in einer Rede auch die Prioritäten, die seine Regierung für Europa bis Ende Dezember setzen möchte.
Grundsätzlich müsse es darum gehen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundwerte zu stärken, erklärte er am Abend, ohne konkrete Fälle zu nennen, wo dies in Zweifel stehe.
Da die EU-Kommission gegen Polen ein Verfahren wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet hat, könnte dieses einer der heiklen Punkte des österreichischen Vorsitzes werden. Die Fraktionen im Europäischen Parlament hatten im Juli angekündigt, im September eine Initiative zum formellen Start des Verfahrens zum Entzug der Stimmrechte im Ministerrat gegen Polen zu setzen. Dies müsste dann auf Rats- ebene behandelt werden. Ungarn hat aber bereits mit einem Veto für diesen Fall gedroht.
Als weitere wichtige Priorität nannte der Kanzler den Ausbau der Sicherheit in der EU in einem umfassenden Sinn, sei es durch mehr Kooperation bei der militärischen Zusammenarbeit, sei es beim Schutz der EU-Außengrenzen. Dies ist auch in Zusammenhang mit dem für 20. September angesetzten informellen EUGipfel der Staats- und Regierungschefs in Salzburg zu sehen, bei dem das Thema Migration – neben dem Brexit – im Mittelpunkt stehen wird. Dabei erwartet sich die Regierung „weitere Fortschritte“, so wie auch bei den Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens, den Brexit. Konkrete Beschlüsse dazu wird es aber erst mit Jahresende geben.
Die dritte von Kurz genannte Priorität ist „das Vertiefen der Subsidiarität“, mehr Effizienz in der EU-Politik, ein Abbau von zu viel Regulierung, eine Konzentration auf die großen politischen Fragen, die besser auf Gemeinschaftsebene als auf nationaler Ebene gelöst werden könnten.
Abgesehen von diesen inhaltlichen Schwerpunkten nannte der Kanzler das Ziel, das „Gegeneinander“der EU-Staaten abzubauen. Es müsse dringend ein anderer, vertrauensvollerer Umgang miteinander gefunden werden. Die Gräben zwischen den Staaten müssten zugeschüttet werden, damit politische Lösungen gefunden werden könnten. Alle Kraft müsse in die Zukunft gesteckt werden. Gastkommentar S. 23 , Kommentar S. 24