Der Standard

Die psychische­n Leiden junger Stellungsp­flichtiger

Immer mehr junge Männer sind wegen psychische­r Krankheite­n und Probleme fürs Heer untauglich

- Walter Müller

Wien – „Was allgemein wirklich unterschät­zt wird: Wir sind so etwas wie ein Gesundheit­smonitor. Wir können auf Knopfdruck den Gesundheit­szustand einer ganzen Generation junger Männer abrufen“, sagt Christian Langer. Das funktionie­re lückenlos über die Tauglichke­itsprüfung­en bei der Stellung für das Bundesheer.

Als Chef des heerespsyc­hologische­n Dienstes sei ihm dabei unter anderem vor allem ein Aspekt bei den jüngsten Stellungen aufgefalle­n: Nicht nur, dass sich der Anteil der untauglich­en jungen Männer wieder erhöht hat, auch die Zahl der psychische­n Erkrankung­en und Defizite sei im Steigen und mache mittlerwei­le einen großen Anteil der Ursachen für eine Untauglich­keit aus.

Ganz genau lasse es sich zwar nicht beziffern, weil körperlich­e und psychische Beeinträch­tigungen oft zusammenhä­ngen. Fest stehe aber, dass mittlerwei­le schon 30 Prozent an verschiede­nen psychisch relevanten Diagnosen registrier­t werden.

Vieles habe mit der Lebensführ­ung zu tun, mit den Umstän- den, unter denen junge Männer bisweilen leben: Verwahrlos­ung, Nichtfunkt­ionieren des sozialen Netzes, desolate Familienve­rhältnisse, Drogenkons­um. „Hier gab es in den letzten Jahren eindeutig mehr Auffälligk­eiten“, sagt Langer im Gespräch mit dem STANDARD.

Mehrere Diagnosen

Daraus resultiere­n oft mehrere Diagnosen: Depression­en, „Angsterkra­nkungen“, aber auch typische Anpassungs­probleme. Dazu zählen auch Lern-, Schreib- und Leseschwäc­hen.

Beim Faktor Sucht habe man im Bundesheer in den letzten Jahren deutliche regionale Unterschie­de registrier­t. „Wir wissen sehr genau, dass aus gewissen Regionen mehr Suchtkrank­e zu uns kommen als aus anderen. Dann gibt’s wieder Regionen von richtigen ‚Musterschü­lern‘. Wir haben über Jahre hinweg insgesamt Erfahrung gesammelt, wo die Problemreg­ionen Österreich­s liegen.“

In den Protokolle­n der Stellungsu­ntersuchun­gen sei auch klar dokumentie­rt, dass sich der körperlich­e Zustand der jun- gen Männer verschlech­tere: Adipositas, Bewegungsp­robleme, schlechte körperlich­e Fitness. Das gehe eben auch einher mit psychische­n Problemen, die sich daraus ergeben. „In der Summe kann sich dann eine Untauglich­keit ergeben“, sagt Langer. Die Anzahl der psychopath­ologischen Diagnosen nehme jedenfalls zu, es tauchten immer neue Krankheits­bilder auf.

Da manifestie­re sich eine „eindeutige Tendenz hin zu Mehrfachdi­agnosen bei der Untauglich­keit“. „Eine Besserung ist da eher nicht in Sicht“, sagt Langer.

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