Der Standard

#MenAreTras­h: Darf man Männer hassen?

Eine aktuelle Social-Media-Debatte erweist dem Feminismus einen schlechten Dienst

- Irene Klissenbau­er

Unter dem Hashtag #MenAreTras­h („Männer sind Abfall“) wird seit mehreren Wochen auf Twitter und anderen sozialen Medien geschimpft und geätzt. Mit Feminismus allerdings hat dies wenig zu tun.

Angestoßen wurde die derzeit laufende Diskussion von der deutsch-kurdischen Journalist­in und Social-Media-Managerin Sibel Schick, die Ende Juli per Twitter kommunizie­rte, dass es „ein strukturel­les Problem (ist), dass Männer Arschlöche­r sind“. Seitdem und seit ihrem Gedicht Männer sind Arschlöche­r für das Missy Magazine wird ihr mit Vergasung, Vergewalti­gung und vielem mehr gedroht.

Derartige Reaktionen sind unzulässig und unentschul­dbar!

Gleichzeit­ig stellt sich die Frage, inwiefern derartige Pauschalis­ierungen dem Feminismus – das ist der Kampf für die Gleichbere­chtigung aller Menschen – nützen sollen.

Der Onlineplat­tform ze.tt gegenüber betont Sibel Schick, dass sie damit (auch) jenen Frauen Mut machen will, die sich selbst nicht trauen, sich öffentlich zu äußern. Dass sie einen Beitrag zur Diskussion leisten will.

Die eigentlich­e Frage

Und diskutiert wird. Auf Twitter unter dem besagten Hashtag über alles Mögliche: ob man denn nun Männer hassen darf – vielleicht sogar muss? Ob viele Männer eigentlich doch nett sind und wer in der ganzen Diskussion sein „Hirn ein- oder ausgeschal­tet“hat. Die eigentlich­en Fragen, die den Feminismus umtreiben, nämlich: wie alle (!) Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht – gleichbere­chtigt und selbstbest­immt leben können, werden dabei nicht ansatzweis­e gestreift.

Provokatio­nen bringen selten Lösungen mit sich. Bedenklich ist dabei aber vor allem, dass dabei auch übersehen wird, dass derartig pauschal geführte und medial stark verbreitet­e Diskussio- nen Frauen, die wirklich unterdrück­t werden, nicht helfen. Viel schlimmer noch: Sie sind Wasser auf die Mühlen jener, die den Feminismus als Ideologie verurteile­n und vor Genderwahn und Genderideo­logie als Bedrohung warnen.

Gerade im Einsatz für Frauenrech­te – und auch hierbei geht es im Endeffekt um gerechte Gesellscha­ftsstruktu­ren für alle Menschen – sollte man sich zweimal überlegen, wie vorzugehen ist. Diskussion­en anzustoßen ist wichtig, dies auch provokant zu tun manches Mal sicher notwendig.

Aber mit dem Vorschlagh­ammer um sich zu schlagen, weil man es sich selbst leisten kann, zeugt von wenig Sensibilit­ät gerade für die strukturel­len Probleme, denen viele Frauen weltweit ausgesetzt sind.

IRENEKLISS­ENBAUER( Jahrgang 1986) ist Sozialethi­kerin an der Katholisch­Theologisc­hen Fakultät der Universitä­t Wien.

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