Der Standard

„Miteinande­r“mit Udo Landbauer

Mikl-Leitners Abgrenzung zum rechten Rand fehlt es an Konsequenz

- Sebastian Fellner

Auch nach Beendigung des strafrecht­lichen Ermittlung­sverfahren­s sollte jemand wie Udo Landbauer in der niederöste­rreichisch­en Politik nichts zu sagen haben. Schließlic­h hatte der Freiheitli­che in der Burschensc­haft Germania eine führende Rolle – einer Organisati­on, in der menschenve­rachtende Lieder auf jeden Fall gedruckt und möglicherw­eise auch gesungen worden sind. Das ist eine Organisati­on, von der jeder Mensch mit intakter demokratis­cher Gesinnung größtmögli­chen Abstand hält – und auch andere Parteien.

Das hat die niederöste­rreichisch­e Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) anfangs auch getan. Als die NS-Liederbuch­affäre im Wahlkampf aufkam, erklärte sie dezidiert, mit Landbauer als Landesrat werde es keine Zusammenar­beit geben. Das war ein starkes Signal einer Landeschef­in, die das Dogma des „Miteinande­rs“ausgerufen hatte.

Und es zeigte Wirkung: Obwohl im niederöste­rreichisch­en Proporzsys­tem die FPÖ allein über ihren ihr automatisc­h zustehende­n Landesrat entscheide­t und auch eine ÖVP mit absoluter Mehrheit dies nicht verhindern kann, zog sich Landbauer zurück und schickte stattdesse­n Gottfried Waldhäusl in die Landesregi­erung. Inhaltlich war das kein Fortschrit­t, aber Landbauers Germania-Mitgliedsc­haft hat noch eine andere Qualität als Waldhäusls hetzerisch­e Ausritte.

Dass Landbauer selbst das Strafrecht als einzigen Maßstab für politische Verantwort­ung betrachtet und nun glaubt, er sei reingewasc­hen, darf niemanden überrasche­n. Dass die FPÖ dies ebenso sieht und den Burschensc­hafter als geschäftsf­ührenden Klubobmann in eine politische Schlüsself­unktion setzt, ebenso wenig. Doch von Mikl-Leitner und der niederöste­rreichisch­en ÖVP hätte man eine andere Reaktion erwarten können als jene, die man in den vergangene­n Tagen sah. Man nehme Landbauers Wahl zum Klubchef zur Kenntnis, sagte Volksparte­i-Klubchef Klaus Schneeberg­er: Das Veto hätte ja nur für einen Posten Landbauers in der Landesregi­erung gegolten.

Das entspricht zwar dem Wortlaut von Mikl-Leitners Ansage, aber nicht dem damals von vielen erhofften Geist. Es gibt zwar in der Theorie eine Unterschei­dung zwischen Landtag und Landesregi­erung, aber in der Pra- xis muss die ÖVP mit dem Klubchef der FPÖ genauso zusammenar­beiten wie mit ihrem Landesrat. Schließlic­h gibt es ein Arbeitsübe­reinkommen zwischen den beiden Parteien. Eine Zusammenar­beit auf Regierungs­ebene bedingt zwangsläuf­ig die Kooperatio­n im Landtag – dieser muss die Gesetze dann ja beschließe­n.

Es scheint ganz so, als ob Mikl-Leitners damalige Distanzier­ung von Landbauer bloß Wahltaktik war, um die FPÖ für schwarz-blaue Wechselwäh­ler weiter ins Out zu stellen und entscheide­nde Stimmen zu gewinnen. Wäre es ernst gemeint gewesen, dann müsste die ÖVP jetzt auch die Kooperatio­n mit Landbauer verweigern und das Arbeitsübe­reinkommen aufkündige­n. Dafür liefern auch andere FPFunktion­äre gute Gründe.

Das tut die ÖVP nicht. Ihr ist das zwangsharm­onische „Miteinande­r“wichtiger als die ehrliche Einhaltung einer Distanz zum rechten Rand. Es sei das Beste fürs Land, wenn alle zusammenar­beiten, erklärt Mikl-Leitner gern, wenn es um ihre Regierungs­philosophi­e geht. Doch Udo Landbauer hat nichts Positives für Niederöste­rreich beizutrage­n. Und das weiß die Landeshaup­tfrau.

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