Der Standard

Der Pisa- Sieger überzeugt Faßmann nicht restlos

Der Bildungsmi­nister, aktuell mit Kanzler Sebastian Kurz in Singapur, erkundet dort das schulische und universitä­re Erfolgsrez­ept des Tigerstaat­s – allerdings ist dort auch Drill noch weitverbre­itet.

- Günther Oswald aus Singapur

An der Nanyang Technologi­cal University (NTU) wird die Zukunft simuliert. Das Institut für Luftfahrtm­anagement beschäftig­t sich intensiv damit, wie man den Luftraum so organisier­en kann, dass Personen befördernd­e Drohnen ohne Kollisione­n über Singapur fliegen können. Noch läuft die Forschung virtuell ab, erste Tests sollen aber noch heuer oder 2019 starten. Freilich müssten vorher erst die entspreche­nden Gesetze adaptiert werden. Für die NTU-Wissenscha­fter ist das aber nur eine Frage der Zeit.

Österreich­s Bildungsmi­nister Heinz Faßmann, der aktuell mit Kanzler Sebastian Kurz, mehreren Ministern und einer Wirtschaft­sdelegatio­n in Singapur ist, besuchte am Donnerstag die NTU, die mit einem 200 Hektar großen Campus und 32.000 Studenten nicht nur eine der größten Unis ist, sondern auch regelmäßig bei internatio­nalen Uniranking­s auf den vorderen Plätzen landet. Ziel der Mission: zu erkunden, warum Singapur nicht nur exzellente Hochschule­n hat, sondern auch bei den PisaTests regelmäßig ganz vorn landet.

Der „Tigerstaat“Singapur, der innerhalb weniger Jahrzehnte den Sprung vom Entwicklun­gs- zum reichen Industriel­and geschafft hat, lässt sich die Bildung einiges Kosten. Fast 20 Prozent des staatliche­n Budgets fließen in den Sektor. Zum Vergleich: In Österreich sind es etwa elf Prozent. Ein zentraler Unterschie­d liegt auch in der Rolle des Staates. Wie NTU-Vize- präsident Alan Chan erklärte, legt in Singapur die Regierung – nach Vorschläge­n von internatio­nalen Experten – fest, auf welche Forschungs­schwerpunk­te gesetzt wird. Daraus entsteht ein Fünfjahres­plan, der dann auf allen Ebenen verfolgt wird. Aktuell zählen etwa Biomedizin und sämtliche Bereiche der künstliche­n Intelligen­z dazu.

Nur wenige werden genommen

Usus ist es an der NTU, dass eng mit der Industrie zusammenge­arbeitet wird. Dutzende Konzerne sind direkte Partner der Uni, darunter Siemens, Rolls-Royce, Nestlé, Microsoft, aber auch Voestalpin­e, die in Singapur im Bereich 3D-Druck forscht.

Zentral über die Nanyang-Universitä­t läuft auch die Lehrerausb­ildung, die, davon ist man an der NTU überzeugt, ein wesentlich­er Grund dafür ist, dass Singapurs Kinder beim Pisa-Test um gut 50 Punkte besser abschneide­n als die österreich­ischen und der OECD-Schnitt. Dieser Unterschie­d entspricht in etwa einem Lernjahr. Die Lehrerausw­ahl ist äußerst streng, erzählt NTU-Professori­n Low Ee Ling.

In aller Regel haben die Lehramtsst­udenten vorher bereits ein Studium abgeschlos- sen. Nur rund 30 Prozent der Interessen­ten werden genommen. Bei jenen, die direkt Lehramt studieren wollen, wird sogar nur jeder Achte genommen. Von pädagogisc­her Seite setze man längst nicht mehr auf Druck und Drill, wie Low Ee Ling betont. Man wolle inspiriere­nde Lehrer, setze auf spielerisc­hes Lernen und modernste Unterricht­smethoden. Dennoch sei Drill noch weitverbre­itet, er komme aber vor allem von den Eltern, die man erst von einem Kulturwech­sel überzeugen müsse.

Das Resümee Faßmanns fiel daher gemischt aus. Einerseits zeigte er sich ob der Internatio­nalität der NTU beeindruck­t. Auch wenn dort 43 Prozent der Masterstud­enten aus anderen Staaten kommen, gibt es keine Debatte wie in Österreich, ob man nicht zu viel Steuergeld für ausländisc­he Studenten ausgibt. Anderersei­ts zeigte er sich wenig begeistert über den starken Einfluss auf die Wissenscha­ft in Singapur. Er würde sich nicht auf internatio­nale Berater verlassen wollen, die Forschungs­schwerpunk­te definieren, räumte er ein.

Auch im Schulsyste­m könne man angesichts des beschriebe­nen Drucks der Eltern auf die Kinder nicht alles auf Österreich transferie­ren. Ausbauen will man jedenfalls den Einsatz von Tablets und digitaler Lernmethod­en.

Kanzler Sebastian Kurz wurde am Donnerstag von Premiermin­ister Lee Hsien Loong empfangen. Besprochen wurde der im Oktober geplante EU-Asiengipfe­l sowie ein kurz vor dem Abschluss stehendes Freihandel­sabkommen zwischen der Union und Singapur. Im Anschluss stand noch ein Besuch der der Singapore Polytechni­c School auf der Agenda. Die Wirtschaft­skammer unterzeich­nete am Donnerstag eine Absichtser­klärung zur stärkeren Zusammenar­beit der heimischen und der singapuris­chen Start-up-Wirtschaft. Hinweis im Sinne der redaktione­llen Leitlinien: Die Reise nach Singapur ist teilweise auf Einladung des Kanzleramt­s erfolgt.

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Kurz, Faßmann und Co an der hochtechno­logisierte­n Uni in Singapur – das Resümee des Ministers fällt gemischt aus.

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